Welche Marktauswirkungen bringt die Nominierung von Kamala Harris als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten mit sich?
Von Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst, CMCMarkets
US-Präsident Joe Biden hat am Sonntag seinen Rückzug aus dem Wahlkampf angekündigt und sich für Vizepräsidentin Kamala Harris ausgesprochen. Sie wird nun zur wahrscheinlichen Kandidatin der Demokraten. Wettbüros sehen ihre Nominierung mit einer Wahrscheinlichkeit von 92 %. Gleichzeitig bleibt die Wahrscheinlichkeit, dass Trump die Präsidentschaftswahl gewinnt, bei 61 %. Es wird noch ein langer Weg für Harris sein.
Unterstützung und Herausforderungen für Kamala Harris
Nach Bidens Rückzug erhielt Harris schnell Unterstützung - neben Biden auch von prominenten Parteimitgliedern wie Bill und Hillary Clinton sowie die beiden demokratischen Spitzen im US-Kongress, Chuck Schumer und Hakeem Jeffries. Harris' Kampagne hat außerdem 81 Millionen Dollar eingesammelt - ein entscheidender Faktor, der Zweifel an der finanziellen Schlagkraft der Demokraten zerstreuen konnte. Die Märkte sind aber trotzdem skeptisch, ob Harris gegen Trump bestehen wird. Die nächste TV-Debatte ist am 10. September.
Der "Trump-Trade" und seine Marktauswirkungen
Wenn Harris nun beginnt, in der Wählergunst in Umfragen aufzuholen, könnte der "Trump-Trade" an Attraktivität verlieren. Besonders kleine US-Unternehmen, Öl- und Gasförderer, Gold und Werte aus dem Dow Jones - sie könnten unter Druck geraten. Die Volatilität im US-Bondmarkt könnte wieder etwas nachlassen. Aber das ist ein Thema für morgen. Aktuell stehen die Aktienmärkte zusätzlich unter Druck, da wir uns in einer saisonal schwachen Phase befinden. Diese Faktoren, kombiniert mit einem turbulenten Wahlkampf in den USA, haben in den vergangenen Tagen zu erhöhter Volatilität geführt. Die Märkte bleiben in unruhigem Fahrwasser. Außerdem spekulieren die Anleger auf eine Leitzinssenkung der US-Notenbank im September. Dieses Ereignis könnte den Wahlkampf zumindest vorübergehend überschatten.
Parteitag der Demokraten: Wichtige Entscheidungen stehen bevor
Die endgültige Nominierung der Demokraten wird auf ihrem Parteitag entschieden, der am 19. bis 22. August in Chicago stattfindet. Eine erste Online-Bestätigung von Harris könnte aber schon zwischen dem 1. und 7. August erfolgen. Möglicherweise könnten die Demokraten jedoch die Nominierung vorziehen. Darüber wird gerade debattiert.
Ausblick: Harris vs. Trump?
Bisherige Umfragen zeigen, dass Trump aufgrund von Harris' niedrigen Zustimmungswerten die Oberhand hätte. Eine neue Reuters/Ipsos-Umfrage zeigt jedoch, dass Harris mit 44 % zu 42 % vor Trump liegt. Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass frühere Umfragen tendenziell eine Übergewichtung demokratischer Wähler aufwiesen. Andere Umfragen deuten weiterhin auf eine höhere Wahrscheinlichkeit eines Wahlsiegs Trumps hin. Der aktuelle Aufwärtstrend der Aktienmärkte wird jedoch vor allem von starken Unternehmensgewinnen getragen, insbesondere im S&P 500 Index, dessen Gewinnwachstum derzeit das höchste seit Jahren ist. Allerdings zeigen die eigentlich guten Zahlen von Alphabet, dass die Aktie auch weiter fallen kann, wenn gute Zahlen gemeldet werden. Die Erwartungen der Anleger sind so hochgesteckt, dass gute Nachrichten als Vorwand zum Verkauf genutzt werden.
Fazit: Unsichere Zeiten vor den Wahlen
Die kommenden Monate versprechen eine politisch spannende Entwicklung. Die Demokratische Partei steht vor wichtigen Entscheidungen, die nicht nur ihre Zukunft, sondern auch die des Landes beeinflussen werden. Nur 67 % der Anleger glauben, dass Biden seine Amtszeit regulär beenden wird. Harris' Erfolg hängt davon ab, ob sie das Vertrauen der Wähler gewinnen und sich als starke Führungspersönlichkeit etablieren kann.