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Drama um die TeamViewer-Aktie

Die Aktie von TeamViewer setzt nach einer Prognosesenkung zum Sinkflug an. Inzwischen kosten die Titel der Göppinger Software-Firma weniger, als einst zur Ausgabe. Anleger müssen wieder einmal feststellen: Auf deutsche Tech-Aktien zu setzen, ist risikoreich.

(Foto: TeamViewer)

Die Aktie von TeamViewer setzt nach einer Prognosesenkung zum Sinkflug an. Inzwischen kosten die Titel der Göppinger Software-Firma weniger, als einst zur Ausgabe. Anleger müssen wieder einmal feststellen: Auf deutsche Tech-Aktien zu setzen, ist risikoreich.

Im Frühjahr des vergangenen Jahres wurde TeamViewer mit dem Coronaausbruch wie aus dem Nichts berühmt. Als sich die halbe Welt in wochenlange Lockdowns verabschiedete und die Arbeit von Zuhause plötzlich zur Regel wurde, war die gleichnamige Fernwartungssoftware des Göppinger Mittelständlers ein gefragtes Gut. Oder besser gesagt: Eine gefragte Dienstleistung. TeamViewer ermöglicht Nutzern den Fernzugriff auf ihre Notebooks und PCs. So kann beispielsweise ein IT-Fachmann bei Problemen von überall aus direkt am betroffenen Computer arbeiten. Gerade dann, wenn sich ganze Belegschaften im Home-Office befinden, eine geniale Lösung. Entsprechend groß waren die Hoffnungen von Anlegern damals  mit TeamViewer möglicherweise einen kommenden globalen Tech-Champion ausfindig gemacht zu haben. Das Unternehmen schließlich wurde erst 2005 gegründet, das Wachstumspotenzial schien riesig und die Zeitraffer-Erfolgsstory der Video-Kommunikationsplattform Zoom zeigte eindrucksvoll, wie schnell heutzutage eine Software weltweit zum Hit werden kann.

Ausgehend vom Corona-Tief im März 2020 bei rund 25 Euro, das in etwa dem ursprünglichen Ausgabekurs der TeamViewer-Aktien im September 2019 entsprach, kletterte der Kurs um 150 Prozent nach oben. Im Juli 2020 erreichte er bei knapp 55 Euro sein Rekordhoch. Im MDax gehörte die Aktie damit zu den besten Werten.

Die Kunden laufen davon

Wohl dem, der die Aktie damals verkaufte. Nun, ein gutes Jahr später, herrscht nämlich Katerstimmung. Immer mehr kristallisiert sich heraus: TeamViewer hat als Corona-Gewinner-Software funktioniert. Für die großen Sprünge, auch in der Zeit nach Lock- und Shutdowns, reicht es nicht. Bildschirm teilen, das geht schließlich auch mit Zoom und Microsoft Teams, die inzwischen fast ein jeder ohne zu Kommunikationszwecken auf seinem Computer hat. Das entspricht zwar keinem direkten Zugriff auf den PC. Der aber ist vielleicht auch gar nicht nötig, wenn der eine dem anderen mit Blick auf dessen Bildschirm schlicht erklärt, was dieser zu tun hat.

Entsprechend hat TeamViewer nun damit zu kämpfen, dass weit weniger Kunden, als ursprünglich erwartet, ihre Verträge aus der Corona-Zeit verlängern. Hinzu kommen hohe Ausgaben. CEO Oliver Steil hat viel Geld in die Hand genommen, um weiter zu expandieren und die Marke international bekannt zu machen. Jetzt stockt das Wachstum, was die damit ohnehin schon belasteten Margen noch stärker unter Druck setzt.

Aktie verliert 70 Prozent innerhalb eines Jahres

Seit Februar kennt der Aktienkurs deshalb nur noch den Weg nach unten. Eine Prognosesenkung in dieser Woche brachte ihn dann endgültig zum Einsturz. Am Mittwoch krachten die TeamViewer-Papiere um 22,9 Prozent auf 18,32 Euro nach unten. Zwischenzeitlich musste sogar der Handel ausgesetzt werden. Zum Wochenschluss verlor die Aktie weiter und notiert aktuell nur noch bei 16,30 Euro. Seit dem Rekordhoch aus dem August vergangenen Jahres steht damit ein Minus von über 70 Prozent zu Buche.

Im dritten Quartal liefen die Geschäfte schlechter als erwartet, was sich deutlich auf die Jahresziele niederschlägt. Statt zwischen 585 und 605 Millionen Euro sollen die in Rechnung gestellten Umsätze nun nur noch zwischen 535 und 555 Millionen Euro liegen. Auch den gebuchte Umsatz erwartet TeamViewer nun nur noch zwischen 495 und 505 Millionen Euro. Ursprünglich hatte man 525 Millionen Euro angepeilt. Die operative Marge soll mit 44 bis 46 Prozent ebenfalls geringer ausfallen als angepeilt (49 bis 51 Prozent).

Vertrauen der Anleger erschüttert

Eine Gewinnwarnung habe er erwartet, die nun bekannten Details seien aber ernüchternd, schrieb Warburg Research-Analyst Andreas Wolf am Donnerstag in einer Studie. Er senkte sein Kursziel von 44 auf 26 Euro. Zahlreiche Analysten taten es ihm gleich und kappten ihre Kursziele deutlich. Auch wenn die Aktie nach dem Kurseinbruch Potenzial biete, dürfte eine Erholung zögerlich vonstatten gehen, schrieb Wolf weiter. Zuerst müsse TeamViewer das Vertrauen der Anleger zurückgewinnen.

Das dürfte mehr als schwierig werden. Der Crash der TeamViewer-Aktie zeigt schließlich wieder einmal deutlich, dass für Anleger im deutschen Tech-Sektor vergleichsweise wenig zu holen ist. Und die Risiken oft höher sind, als die Chancen. Zwar reicht es häufig für ein paar gute Monate oder auch Jahre, aber langfristig machen weiter Firmen aus den USA das Rennen. Der internationale Erfolg bleibt vielen deutschen Tech-Start-Ups verwehrt. Damit reicht es zu soliden Ergebnissen, aber nicht zu Wachstumsstories, die Kurse langfristig explodieren lassen.

Mit TeamViewer dürften eine Menge Kleinanleger eine Menge Geld verloren haben und sich bei den nächsten hoffnungsvoll klingenden Tech-Geschichten am deutschen Aktienmarkt zweimal überlegen, ob sie daran wirklich glauben wollen.

OG

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