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Die Reaktion der Börse auf die Microsoft-Zahlen ist ein Warnschuss

Microsoft liefert ein bärenstarkes zweites Quartal ab und übertrifft die Erwartungen der Analysten locker. Die Aktie jedoch wird direkt im Anschluss abverkauft. Das könnte zumindest vorläufig ein Ende der Tech-Rally einläuten.

Microsoft kommt hervorragend durch die Krise - Anleger hatten jedoch noch mehr erwartet. (Foto: Volodymyer Kyrylyuk / Shutterstock)

Microsoft liefert ein bärenstarkes zweites Quartal ab und übertrifft die Erwartungen der Analysten locker. Die Aktie jedoch wird direkt im Anschluss abverkauft. Das könnte zumindest vorläufig ein Ende der Tech-Rally einläuten.

Von einem Zahlenwerk, wie dem von Microsoft, dürfte so manch Unternehmen träumen. Besonders in diesen Zeiten, in denen es für nicht wenige um die Existenz geht. Im zweiten Quartal des Jahres, das erste vollumfänglich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie beeinflusste also, steigerte der Software-Konzern die Erlöse gegenüber dem Vorjahr um 13 Prozent auf 38,03 Milliarden Dollar. Analysten hatten im Schnitt mit 36,5 Milliarden gerechnet. Microsoft übertraf die bereits hohen Erwartungen entsprechend mühelos. Der Nettogewinn gab zwar gleichzeitig um 15 Prozent nach, was einen Gewinn je Aktie von 1,46 Dollar ergab. Doch auch hier waren die Experten von zehn Cent weniger ausgegangen. Darüber hinaus gehen Einbußen in Höhe von 450 Millionen Dollar auf die Schließung eines Großteils der hauseigenen Einzelhandelsläden zurück und damit einen Einmaleffekt. Das scheint verschmerzbar.

Besonders da das Geschäft online im Eiltempo ausgebaut wird und die Coronakrise sogar Microsofts Windows- und Notebook-Sparte gewaltig Auftrieb gegeben hat. Die Sparte, zu der auch das Geschäft mit der Spielekonsole Xbox gehört, steigerte den Umsatz im vierten Geschäftsquartal um 14 Prozent auf 12,9 Milliarden Dollar – Lockdowns und Home-Office sei Dank.

Cloud erneut größter Wachstumstreiber

Größter Wachstumstreiber waren einmal mehr Microsofts Cloud-Dienste. Von April bis Juni stiegen die Erlöse um 47 Prozent. Im gesamten Geschäftsjahr 2019/2020 hat Microsoft allein in dieser Sparte 50 Milliarden Dollar umgesetzt. Das entspricht einem Plus von 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vor zehn Jahren noch hatte der gesamte Konzernumsatz bei 62 Milliarden Dollar gelegen, also nur zwölf Milliarden über der Summe, für die nun allein die Cloud verantwortlich ist. Laut Finanzvorständin Amy Hood hat Microsoft in den vergangenen zwölf Monaten „eine Rekordzahl von Multimillionen-Dollar-Verträgen in der Commercial Cloud“ abgeschlossen. Dazu stünden bereits langfristige Verträge im Wert von 107 Milliarden Dollar in den Büchern. Die Hälfte davon sollen im nun laufenden, neuen Geschäftsjahr zu Umsatz werden. CEO Satya Nadella zeigte sich voll des Lobes: „Wir sehen, dass Unternehmen jedes Detail ihrer Abläufe, sei es Vertrieb, Personal, Beschaffung, Produktion, Kundenmanagement, bis zur Telemedizin beschleunigt digitalisieren.“ Die Cloud-Sparte Azure sei der „Computer der Welt“.

Anleger können die Zahlen offenbar nicht überzeugen

Allein an der Börse wollte man diesmal nicht so recht mitjubeln. Die Aktie des hinter Apple zweit-wertvollsten Unternehmens der Welt gab vorbörslich um rund zwei Prozent nach. Das mag daran liegen, dass das Cloud-Wachstum im Vergleich zum Vorquartal ganz leicht schwächelte und nur noch 47 statt 59 Prozent betrug, während es im Vergleichszeitraum des Vorjahres sogar noch bei 64 Prozent gelegen hatte. Angesichts der Virus-Krise ist dies aber nicht wirklich überraschend. Wenn Unternehmen und Konzerne überall auf dem Globus ihre Ausgaben kürzen müssen, dann geht das auch zu Lasten der Investitionen in die Cloud. Und sagt dazu wenig über das aus, was noch kommt. Langfristig führt an der „Wolke“ wohl kaum ein Weg vorbei. Das Potenzial bleibt riesig, da viele Unternehmen gerade erst damit begonnen hatten oder noch gar nicht dabei wahren, sich eine Cloud-Struktur aufzubauen.

Endet jetzt die Tech-Rally?

Dass die Microsoft-Aktie infolge der Zahlenvorlage zwei Prozent abgibt, dürfte vielmehr an den inzwischen nicht mehr hohen, sondern realitätsfernen Erwartungen liegen, die sich mit Blick auf viele US-Tech-Unternehmen aufgebaut haben. Wenn dieses Zahlenwerk des Software-Konzerns Anleger nicht mehr überzeugt, dann ist der Kurs wohl zu schnell zu weit nach oben geklettert. Auch wenn das nur eine kurzfristige Reaktion der Enttäuschung sein mag, sie sollte Anlegern als Warnschuss gelten. Gute Nachrichten, die verkauft werden, waren noch nie ein gutes Zeichen.   Zeichnet sich bei den noch ausstehenden Quartalsberichten der anderen großen Tech-Konzerne, wie Apple oder Amazon, ein ähnliches Bild ab, könnte das eine Kettenreaktion auslösen und der Rally der Tech-Werte zumindest kurzfristig ein Ende bereiten.

Fernab der Tech-Aktien ergibt sich dazu ein völlig anderes Bild – hier werden sogar schlechte Nachrichten gekauft. Womöglich ein Indiz dafür, dass sich Investoren nun umorientieren und schlecht gelaufene, konjunktursensible Titel kaufen, die von einer wirtschaftlichen Erholung im zweiten Halbjahr des laufenden Jahres und dann besonders 2021 profitieren könnten, während die stark gestiegenen US-Tech-Aktien zu Gewinnmitnahmen einladen.

OG

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