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Können die aufstrebenden Märkte
der globalen Straffung der Geldpolitik
standhalten?
Globale Zentralbanken, wie die US-Notenbank (Fed), die Europäische Zentralbank (EZB)
und die Bank of Japan (BoJ), haben ihre lockere Geldpolitik eingestellt. Es bestehen kaum
Zweifel, dass eine geldpolitische Straffung folgen wird. Nur das Tempo ist ungewiss.
Können die aufstrebenden Märkte gedeihen, wenn es weltweit zu einer geldpolitischen
Straffung kommt? Ist die Zeit für Investitionen in Schwellenländer vorbei? Wir glauben nicht.
Waren die weltweiten geldpolitischen Bedingungen
wirklich so einfach? Seit der
großen Finanzkrise haben viele Wirtschaftskommentatoren
die von den Zentralbanken
ergriffenen Maßnahmen mit den weltweiten
geldpolitischen Rahmenbedingungen
verwechselt. Es steht zwar außer Frage, dass
die Zentralbanken nach 2008 ihre Geldpolitik
massiv gelockert haben. Weniger klar
ist jedoch, ob die weltweiten geldpolitischen
Rahmenbedingungen tatsächlich so einfach
geworden sind. Beurteilt man die weltweiten
geldpolitischen Rahmenbedingungen
anhand der globalen Gesamtgeldmenge
(M2), könnte man tatsächlich behaupten,
dass die globalen geldpolitischen Bedingungen
nach der großen Finanzkrise strikter als
BÖRSE am Sonntag · 19/18
Gastbeitrag
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zuvor geworden sind.
Das globale Wachstum der Geldmenge M2
ist von 9,5 Prozent jährlich in den Jahren
2005 bis 2008 auf 6,3 Prozent jährlich in
den Jahren 2009 bis 2018 gesunken. Bei
Anwendung dieser Methode ist es nicht verwunderlich, dass man
die Inflation weltweit so gut im Griff hatte.
Bei näherer Betrachtung der Nominalwerte zeigt sich jedoch auch,
dass sich die Zentralbanken weltweit mit einer Straffung der Geldpolitik
Zeit lassen können — was angesichts des langen Zeitraums,
in dem sowohl die Fed als auch die EZB ihre Inflationsziele verfehlt
haben, nicht zu leugnen ist. Aber selbst wenn die weltweiten
geldpolitischen Rahmenbedingungen nicht ganz so einfach wie
allgemein angenommen gewesen sind und wir einmal davon ausgehen,
dass die Zentralbanken die geldpolitischen Zügel in einem
etwas schnelleren Tempo als bisher anziehen, glauben wir, dass
aufstrebende Märkte recht attraktiv bleiben werden.
Landläufige Meinung über Schwellenländer widerlegt
Die Währungen der Schwellenländer sind am stärksten gefallen,
als man nach 2013 erste Schritte zur Lockerung der Geldpolitik der
EZB erwartete. Daher lässt sich nur schwer argumentieren, dass die
Währungen und anderen Wertpapiere der Schwellenländer unter einer
nicht mehr vorhandenen quantitativ lockeren Geldpolitik leiden
würden, da unklar ist, wie sehr sie tatsächlich davon profitiert haben.
Einen großen Sprung bei den Geldmittelzuflüssen in Schwellenländern
gab es in den ersten beiden Jahren nach der großen Finanzkrise,
Ricardo Adrogué
Leiter der Emerging
Markets Debt Group von
Barings