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Märkte > Ausblick USA

Lohnt sich eine politische Portfolio-Ausrichtung?

(Foto: Shutterstock)

Angesichts der US-Wahlen im November stellt sich die Frage, ob eine politische Ausrichtung von Investment-Portfolios sinnvoll ist.

Die US-Präsidentschaftswahlen im November werfen auch am Kapitalmarkt ihren Schatten voraus: Politisch beginnt die heiße Phase des Wahlkampfs und an den Märkten lassen sich zunehmend Spekulationen beobachten, für welche Aktien und Branchen ein republikanischer oder ein demokratischer Präsident von besonderem Vorteil sein könnte. „Anlegerinnen und Anleger könnten der Versuchung erliegen, ihre Portfolios im Wahljahr politisch auszurichten und zu optimieren. Doch die Historie lehrt uns, dass diese Strategie mittelfristig selten den gewünschten Ertrag brachte, selbst wenn eine Partei im Laufe der Zeit stringent ihre wirtschaftlichen Ziele verfolgt und implementiert hat“, erklärt Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management. Ein Blick zurück zeigt, dass an den Aktienmärkten sogar ein gegenteiliger Effekt eintreten kann – und Branchen profitieren, für die der jeweilige Präsident gar nicht „steht“. 

Trügerische Wahlergebnisse: Die Wertentwicklung von Aktien erneuerbarer Energien und traditionelle Energieunternehmen hat sich jüngst nicht von der Politik beeindrucken lassen

Die Biden-Regierung setzte sich beispielsweise massiv dafür ein, fossile Brennstoffe zu reduzieren und erneuerbare Energien zu fördern. Die Regierung verabschiedete mit dem „Inflation Reduction Act“ in Höhe von 369 Milliarden US-Dollar die bisher umfangreichsten staatlichen Maßnahmen zum Klimaschutz. „Vor diesem Hintergrund hätte man erwartet, dass traditionelle Energieaktien abgestraft und erneuerbare Energien in die Höhe schnellen würden. Tatsächlich ist genau das Gegenteil eingetreten“, erklärt Tilmann Galler. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im August 2022 hat der Index für erneuerbare Energien ein Drittel seines Wertes verloren, während traditionelle US-Energieaktien 14 Prozent an Wert gewonnen haben.

Fünf Jahre zuvor war die Ausgangslage genau umgekehrt. Präsident Trump setzte sich während seiner Präsidentschaft energisch für die Unterstützung der traditionellen Energiewirtschaft und die Genehmigung von Bohrpachtverträgen ein. Doch der S&P 500 Energy Index fiel während seiner Präsidentschaft um -40 Prozent, während der S&P 500 Global Clean Energie Index von seinem Amtsantritt bis zum Wahltag 2020 um 280 Prozent zulegte.

Aus Sicht von Ökonom Galler hing der Anstieg der Aktien für „saubere Energie“ während der Trump-Administration wahrscheinlich mit den Innovationen im Bereich erneuerbare Energien, den sehr niedrigen Zinssätzen zur Finanzierung dieser Innovationen und dem globalen Boom von ESG-Investments zusammen. Darüber hinaus verursachte die Pandemie einen Crash beim Ölpreis, der im April 2020 bis auf 11 US-Dollar fiel, was die Gewinne im traditionellen Energiesektor während der Präsidentschaft Trumps limitierte.

Während der Biden-Präsidentschaft hingegen stieg der Ölpreis aufgrund einer sich erholenden Weltwirtschaft und des Ausbruchs des Ukrainekrieges kräftig. „Der Anstieg traditioneller Energieaktien unter Biden war eher das Ergebnis makroökonomischer und geopolitischer Kräfte als lokalpolitischer Maßnahmen. Dennoch war die Wertentwicklung nicht völlig unabhängig von der Politik“, sagt Galler. Die Unsicherheit über die Zukunft fossiler Brennstoffe habe in den letzten Jahren einige Energieunternehmen dazu veranlasst, die Explorationstätigkeit zurückzufahren. Die Folge war ein knapperes Ölangebot, wodurch der Ölpreis zusätzlichen Auftrieb erhielt. Andererseits hätten hohe Bewertungen, steigende Zinsen und höhere Inputkosten den Boom der erneuerbaren Energieaktien gebremst.

„Interessanterweise konnten beide ‚politische‘ Branchen – weder Energie mit einem Anstieg von knapp 50 Prozent als auch die erneuerbare Energie mit immerhin 113 Prozent Zuwachs – über den Zeitraum beider Präsidentschaften den breiten S&P 500 mit 142 Prozent Wertentwicklung nicht schlagen“, führt Galler aus.

Thema Inflation entscheidender für US-Aktien als Präsidentschaftswahl

Für die Aktienmärkte dürfte nach Meinung von Marktexperte Galler im US-Wahljahr also viel entscheidender sein, ob die Inflation endgültig besiegt ist und es tatsächlich zu einer weichen Landung der Wirtschaft kommt, als die Präsidentschaftswahl selbst. Der Ausgang zahlreicher schwebender Wettbewerbsklagen des Justizministeriums und der Handelskommission könnten ebenfalls einen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung der Tech-Flaggschiffe des US-Aktienmarktes haben. „Eine konzentrierte politische Ausrichtung des Portfolios ist deshalb für uns im Wahljahr keine sinnvolle Option – vielmehr rechtfertigt der Optimismus der letzten Monate eine Stärkung der Defensive durch eine breite globale Diversifikation“, fasst Tilmann Galler zusammen.

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