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Nike vs. DICK’S im Supersportjahr

Quelle: Foto von Nelson Ndongala auf Unsplash

Jedes Kind auf dem Bolzplatz kennt Nike. Ist der Weltmarktführer das Nonplusultra unter den Sportartikelaktien? Oder ist der weniger bekannte Dealer Dick‘s Sporting Goods die bessere Wahl?

Sportfreaks, schnallt euch an – 2024 ist DAS Jahr für alle, die spannende Wettkämpfe lieben! Freut euch auf die Fußball-EM in Deutschland und die Olympischen Spiele in Paris. Für diejenigen, die abseits der Megaevents nach Leistungssport suchen, ist die Weltmeisterschaft im Trockenangeln in Spanien ein heißer Tipp – kein Spaß. Trockenangeln – kennste nich? Bei dieser eher nischigen Beschäftigung geht’ s nicht um die Jagd auf lebende Tiere, sondern um die  Perfektion bei unterschiedlichen Wurftechniken. Und das ist kein neumodischer Scheiß, denn die Wurzeln der Sportart finden sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in England und den USA.

Dick Stack: so ein Selfmade-Typ

Rückblick: Etwa ein Jahrhundert später, im Jahr 1948, entstand im US-Bundesstaat New York Dick Stacks Angelzubehörgeschäft. Wie so viele Gründergeschichten geht auch die auf eine unbefriedigende Situation – und die Verkettung zufälliger Umstände – zurück. Der damals 18-jährige Dick arbeitet in einem Laden für Militärklamotten. Als der Inhaber ihn bietet, eine Produktliste für den Einstieg ins Angelgeschäft zu erstellen, macht sich Dick eifrig ans Werk und präsentiert seine Ideen. Lob gibt es dafür nicht, im Gegenteil: Er wird als „dummer Junge“ abgekanzelt, der keine Ahnung hat, seine Liste sei nicht gut. Von Wut gepackt, kündigt der Teenager seinen Job und vertraut sich Oma an. Auf deren Frage, was es kosten würde, ein eigenes Geschäft zu eröffnen, antwortet er: „300 Dollar“. Ohne zu zögern greift Oma in die Keksdose mit den Ersparnissen, zieht das Geld heraus und sagt ihm: „Do it yourself.“ Und genau das tut der Gründer.

Swoosh an der Börse?

Ob der damals schon etwas vom Trockenangeln wusste, ist nicht überliefert. Was aber klar ist: Das von ihm gegründete Unternehmen, heute bekannt als Dick‘s Sporting Goods, ist der führende Sportartikelhändler in den USA und machte zuletzt geschäftlich eine gute Figur, ablesbar am Aktienkurs. Damit zeigt jene Kurve eine ganz andere Performance als die des weltgrößten Sportartikelherstellers Nike. Die gegensätzlichen Verläufe werfen Fragen auf, besonders im Kontext der anstehenden sportlichen Großereignisse. Denn: Sollten derartige Events nicht eigentlich zu Spitzenleistungen bei den Herstellern führen und ihre Aktienkurse befeuern?

Dick‘s Sporting Goods

Immer wieder die Inflation

Aber mal sachte, denn so simpel ist es nicht. Eine anhaltend hohe Inflation und trübe Konjunkturaussichten haben das Verbrauchervertrauen ganz grundlegend erschüttert. Menschen sparen am ehesten bei zyklischen Konsumgütern, und darunter fallen auch Turnschuhe und Sportbekleidung, speziell die eher hochpreisigen Produkte. Solche Waren „reagieren“ empfindlicher auf wirtschaftliche Unsicherheit als essenzielle Güter wie Lebensmittel. Konsumenten zögern deshalb, bei nicht unbedingt notwendigen Ausgaben, in die Tasche zu greifen. Die eingetrübten Geschäftsaussichten vom Sportartikelprimus Nike haben die zuvor deutlich überhöhte Bewertung auf ein verträgliches Niveau geholt. Die Bewertungskennzahlen KGV und KCV sind nun wieder im Bereich der historischen Durchschnittswerte von etwa 24 und 21 angekommen, nach Höchstwerten von fast 50 Ende 2021. Ist das also die Einstiegsgelegenheit? So sieht es die Bank of America, die die Papiere in einer kürzlich erschienenen Analyse von „Neutral“ auf „Buy“ hochgestuft und dabei die im historischen Vergleich relativ niedrige Bewertung hervorgehoben hat. Analystin Lorraine Hutchinson erwartet zudem, dass Nike im Vorfeld der Olympischen Spiele und des anstehenden Investorentags, der diesen Herbst zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder stattfindet, Innovationen vorantreiben wird. So etwas hören Aktionäre gern.

Nike

Wer trendet?

Produktinnovationen sind seit jeher ein entscheidender Erfolgsfaktor im Sportartikelmarkt. Nike hat sich in dieser Disziplin mehrfach bewiesen – nicht zuletzt, weil ordentlich Finanzkraft vorhanden ist. Doch die Konkurrenz schläft nicht: Marken wie Adidas, Puma, Skechers und Anta Sports Products kämpfen hart um ihr Stück vom lukrativen Sportkuchen, der es 2023 auf ein Volumen von 425 Milliarden Dollar brachte. Mit Schuhen, Trikots, Hosen, Jacken etc. pp lässt sich viel Geld verdienen. Der Markt ist nicht nur umkämpft, sondern auch äußerst dynamisch und den Launen der Mode unterworfen. Trends wechseln blitzschnell: Was heute hip ist, kann morgen  out sein.

Omnichannel-Strategie

Zurück zu Dick‘s Sporting Goods. Denn auch hier will man vom Wachstumstrend im Sportartikelmarkt profitieren. Ein paar Zahlen zum Koloss: Die Amerikaner besitzen landesweit 855 Filialen und verkaufen Sportgeräte, -bekleidung, -schuhe und -zubehör von etwa 1.500 Anbietern. Das Sortiment umfasst alle großen Marken. Nike ist mit einem Anteil von 24 Prozent am Einkaufsvolumen der mit Abstand größte Lieferant. Interessant ist, dass Dick‘s keine langfristigen Abnahmeverträge mit seinen Lieferanten eingeht, sondern auf kurzfristige Bestellungen setzt. Dies birgt zwar das Risiko von Lieferengpässen, ermöglicht aber auch eine optimierte Warenhaltung und reduziert die Notwendigkeit aggressiver Werbeaktionen zum Abbau veralteter Lagerbestände. In seiner Vertriebsstrategie verfolgt der Händler einen Omnichannel-Ansatz, bei dem die Produkte nicht nur in den Filialen, sondern auch über das Internet vertickt werden. Für die Abwicklung der E-Commerce-Aktivitäten spielen die stationären Läden eine zentrale Rolle. Das Unternehmen betrachtet sie als einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber reinen Online-Anbietern, da sie eine persönlichere Kundenbetreuung und somit ein umfassendes Einkaufserlebnis bieten.

Die Macht des Sports

Ed Stack, Sohn des Firmengründers und Vorsitzender des Verwaltungsrats, ist davon überzeugt, dass das Unternehmen durch die konsequente Umsetzung der Omnichannel-Strategie weiterhin signifikante Wachstumschancen habe und die Zukunft des Einzelhandels definieren werde. Sport besitze die Macht, Leben zu verändern – so die Denke. Die Geschäfte bieten alles, was das Sportlerherz begehrt:  Kunden können das Equipment in Baseball-Schlagkäfigen, an Kletterwänden, in simulierten Golf-Driving-Rangers und anderen Nachbildungen vor Ort ausprobieren. Mit diesem ganzheitlichen Ansatz begegnet das Unternehmen den Herausforderungen des Wettbewerbs mit Online-Riesen wie Amazon und großen Einzelhändlern wie Walmart – oder eben Nike. Neue Shop-Konzepte sollen bei einer Neupositionierung helfen. Beispiele sind das sogenannte Golf Galaxy Performance Center und das Dick‘s House of Sport, von dem es bereits zwölf Standorte gibt. Im Jahr 2024 sollen acht weitere hinzukommen. Bis Ende 2027 plant der Sportartikel-Dealer, die Zahl auf landesweit 75 bis 100 zu erhöhen. Der Clou aus kaufmännischer Sicht: Die Rentabilität der neuen Konzepte ist sehr hoch – sie spielen das Geld, das in den Bau und Umbau investiert wurde, schnell wieder ein.

Blumen von der Konkurrenz

Mit dem: „Probiert-es-doch-mal-aus“ bringt das Unternehmen die Philosophie, dem Einzelhandel durch echte Produkterlebnisse einen neuen Mehrwert zu geben, auf den Punkt. Selbst Nike-CEO, John J. Donahoe, ist begeistert und schwärmte: „Ich muss sagen, dass ich von dem einzigartigen Servicemodell, dem interaktiven Sporterlebnis und der verbesserten Produktpräsentation begeistert war.“

Die lobenden Worte des Mitbewerbers könnten kein besseres Marketing sein. Klar ist aber auch: Die breite Umsetzung dieses Konzepts fordert erhebliche Investitionen; und die sind wie üblich mit unternehmerischen Risiken behaftet. Darüber hinaus wird sich auch Dick‘s nicht von den Konjunkturzyklen abkoppeln können und unterliegt – ähnlich wie Nike – den Risiken, die sich aus einer Kaufzurückhaltung der Kunden ergeben. Anders als Nike, das seine Risiken durch eine globale Präsenz streut, ist Dick‘s vornehmlich auf den US-Markt beschränkt und somit maßgeblich von den dortigen Verbrauchertrends und Marktbedingungen abhängig.

Trotz der hohen Kursgewinne der letzten Monate bleibt die fundamentale Bewertung von Dick‘s an der Börse vernünftig. KGV und KCV liegen mit 15,8 und 11,2 im Bereich der historischen Durchschnittswerte von 16,8 und 10,4, die im Vergleich zu denen von Nike deutlich niedriger sind. So ist das KCV gerade einmal halb so hoch. Daraus ergibt sich gemessen an der aktuellen Marktkapitalisierung ein deutlich besseres Renditepotenzial des Geschäftsmodells als bei Nike.

Wo zugreifen?

„Just do it“ oder „Do it yourself“? Die Antwort lautet: Unentschieden. Sorry, aber wie nicht selten bei Wettkämpfen läuft das Match zwischen Dick‘s und Nike auf ein Remis hinaus. Als Marktführer in ihren Spielfeldern dürften beide von den langfristig positiven Aussichten im Sportartikelmarkt profitieren. Anleger, die in diesem Bereich aktiv werden, sollten beide Aktien in Betracht ziehen. Die Sportartikelhersteller verbindet der ausgeprägte Ehrgeiz, sich kontinuierlich zu verbessern. Es ist wie beim Fußball, in der Leichtathletik oder auch beim, äh, Trockenangeln. Erfolge kommen nicht ohne hartes Training daher. Die beiden Topfirmen mit ihren Firmensitzen in Oregon und Coraopolis besitzen dafür gute Voraussetzungen.

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