Aktien & Märkte
steigender Preise für Grundstoffe blickt die Branche
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dazu sehr optimistisch in die Zukunft. Der
Verband Chemische Industrie (VCI) hat seine
Prognose für das Gesamtjahr bereits mehrmals
angehoben. Die jüngsten Quartalszahlen von
BASF bestätigten das positive Stimmungsbild.
Im zweiten Quartal stieg der Nettogewinn auf
1,65 Milliarden Euro. Im Vergleichszeitraum
des Vorjahres war pandemiebedingt noch ein
Verlust von 878 Millionen Euro angefallen.
Noch erfreulicher aber ist die Prognose: 2021
soll der Umsatz inzwischen auf 74 bis 77 Milliarden
Euro steigen und damit möglicherweise
auf Rekordniveau. Der operative Gewinn soll auf
sieben bis 7,5 Milliarden Euro klettern.
Bernstein Research-Analyst Gunther Zechmann
hob sein Kursziel daraufhin auf 112
Euro an. Das zweite Quartal der im Verbraucherchemie
Bereich tätigen europäischen
Chemieunternehmen sei im Schnitt
das wachstumsstärkste in fünf Jahren gewesen,
begründete er. Ausgehend vom aktuellen
Kurs hätte die Aktie damit noch ein
Potenzial von fast 70 Prozent. Wenn auch im
Schnitt nicht ganz so optimistisch, rät die
große Mehrheit der Analysten aktuell zum
Kauf der BASF-Aktie.
Es läuft also eigentlich alles rund in Ludwigshafen,
nur die Aktie will nicht so recht
in Fahrt kommen. Das macht sie allerdings
nur attraktiver, da sie entsprechend günstig
bewertet ist. Das KGV liegt bei elf, die Dividendenrendite
bei erstklassigen fünf Prozent.
Allianz
Allianz-Anleger mussten sich Anfang August
verwundert die Augen reiben. Um zehn Prozent
brach da plötzlich der Kurs von Europas
größtem Erstversicherer ein. Einen solchen
Kursrutsch hatte es bei den Münchnern zuletzt
im Jahr 2002 gegeben. Grund dafür war
die Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung.
Pensionsfonds aus den USA hatten die Allianz
auf Schadenersatz verklagt. Es geht dabei um
einige Hedgefonds der Tochter Allianz Global
Investors, die im Zuge der Coronakrise massive
Verluste machten. Zwei dieser Fonds wurden
sogar liquidiert. Nach der Wertpapieraufsichtsbehörde
SEC untersucht nun auch das
US-Justizministerium den Fall.
Bislang ist unklar, inwiefern die Münchner
dafür belangt werden können. Das Management
rechnet aber scheinbar mit Ungemach
und spricht von einem „relevanten Risiko, dass
die mit den Structured Alpha Fonds verbundenen
Angelegenheiten erhebliche Auswirkungen
auf künftige Finanzergebnisse der Allianz
Gruppe haben könnten“.
Wie genau diese Auswirkungen aussehen, ist
noch nicht abzuschätzen. Rückstellungen sind
noch nicht gebildet. Die Schadenersatzforderungen
sollen sich aber wohl in etwa auf sechs
Milliarden US-Dollar belaufen. Eine gewisse
Vorsicht, was Investments in die Aktie der
Münchner angeht, lässt sich da nachvollziehen.
Investoren schließlich sind mit dem VWSkandal
gewarnt. Nicht selten folgen weitere
Schadenersatzforderungen nach und weitere
Milliarden-Strafzahlungen werden fällig.
Dennoch scheint das Risiko überschaubar.
Selbst wenn sich die Summe verdoppelte,
entspräche dies in etwa dem angepeilten operativen
Ergebnis des laufenden Jahres (elf bis
13 Milliarden Euro). Nichts also, was die Allianz
nachhaltig aus der Bahn werfen dürfte.
Entsprechend verwundert zeigt man sich deshalb
bei der Investmentbank Jefferies über die
heftige Reaktion an der Börse. Im Schatten
der rechtlichen Probleme scheinen Anleger
das erfolgreiche zweite Quartal des Versicherers
kaum registriert zu haben, schreiben die
Experten in einer Studie. Von April bis Juni
stiegen die Umsätze der Allianz um knapp elf
Prozent auf 34,3 Milliarden Euro. Das operative
Ergebnis sprang um 29,4 Prozent auf
3,3 Milliarden Euro in die Höhe. Die Privatbank
Berenberg hob daraufhin ihr Kursziel
trotz der Rechtsstreitigkeiten von 250 auf
254 Euro an. Aktuell notiert die Allianz-Aktie
bei rund 200 Euro. Die Berenberg-Analysten
lobten vor allem das neue 750-Millionen
Euro schwere Aktienrückkaufprogramm,
dass bis Ende des Jahres abgeschlossen werden
soll. Hinzu kommt die traditionell starke
Dividendenrendite von etwas über fünf Prozent
und die bei einem KGV von neun günstige
Bewertung.
Warum die Allianz bei Investoren gerade
nicht sehr beliebt ist, könnte über die
Rechtsrisiken hinaus, auch an den sich anbahnenden,
digitalen Umwälzungen im Versicherungssektor
liegen. Immer mehr Versicherungs
Start-Ups, sogenannte Insurtechs,
machen den etablierten Konzernen Konkurrenz.
Zudem belasten die Niedrigzinsen die
Geschäfte.
Trotzdem könnte die aktuelle Schwächephase
der Aktie eine Einstiegschance sein. Die Ertragsstärke
der Allianz ist herausragend und
daran dürfte sich trotz aufkommender Konkurrenz
in den nächsten Jahren so schnell
nichts ändern. Dafür scheint die Marktposition
der Deutschen zu gefestigt. OG
Allianz Stand: 02.09.2021