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Märkte > Kommt das Schlimmste erst noch?

Sahm-Regel, Carry-Trade, Crash

(Foto: orhan akkurt / Shutterstock)

Zu Wochenbeginn heftig abgestürzt, haben sich die Weltbörsen im Wochenverlauf merklich erholt. Das aber muss nichts heißen, denn die unerwarteten Auslöser sind nicht verschwunden.

Eine Spekulationsstrategie und eine Faustformel haben die Aktienkurse am Montag dieser Woche weltweit einbrechen lassen. In Japan stürzte der Nikkei innerhalb eines Tages so tief, wie seit 1987 nicht mehr, verlor 12,4 Prozent auf 31.458 Punkte. In den USA gab der Nasdaq100 über vier Prozent nach, der Dow Jones verlor knapp drei Prozent. Und auch der Dax setzte seinen kurzfristigen Abwärtstrend fort. Zwischenzeitlich stand Deutschlands Leitindex mit mehr als 500 Punkten im Minus. Nachdem der Dax bereits am Donnerstag und Freitag der Vorwoche mit einem dicken Minus aus dem Handel gegangen war, waren binnen kürzester Zeit fast die kompletten Jahresgewinne dahin. Im Wochenverlauf dann allerdings erholte sich Deutschlands wichtigstes Börsenbarometer, genauso wie die Märkte in den USA und Japan. Der Nikkei stieg sogar direkt am Dienstag wieder um acht Prozent und begrenzte die Verluste vom Vortag deutlich.

Die schnelle Erholung täuscht jedoch ebenso schnell darüber hinweg, dass die Auslöser des Crashs tags zuvor, nicht verschwunden sind. Es sind solche, mit denen, wie so oft an der Börse, niemand so wirklich gerechnet hat. Wohl auch deshalb gerieten die Kursauschläge nach unten am Montag so heftig. Namentlich geht es um den Carry-Trade auf der einen, und die Sahm-Regel auf der anderen Seite.

Yen-Aufwertung löst Panik um Carry-Trades aus

Kurzfristig den größten Einfluss auf die Kurse hatte wohl der Carry-Trade. Dabei handelt es sich um eine unter Profi-Investoren bekannte Spekulationsstrategie, bei der Kredite in einer Fremdwährung mit im Vergleich niedrigem Zinsniveau aufgenommen werden, welche dann wiederum zum Kauf von Wertpapieren benutzt werden, die in einer anderen Währung mit höherem Zinsniveau notieren. Die Absicht: Gewinn erzielen, indem die Zinserträge höher liegen als der Zinsaufwand für das geliehene Kapital. Eine Strategie, mit der sich leicht Geld verdienen lässt, allerdings nur solange es nicht zu unvorhergesehenen Änderungen des Zinsniveaus oder starken Wechselkursschwankungen in dem Währungsraum kommt, aus dem man sich das Geld geliehen hat.

Genau das ist in den vergangenen Wochen jedoch mit dem japanischen Yen passiert, der unter Carry-Tradern aufgrund des seit Jahren stabil niedrigen Zinsniveaus, welches ihn vor allem gegenüber dem Dollar abwertete, bis zuletzt sehr beliebt war. Für viele Marktteilnehmer überraschend hob die Bank of Japan nun aber vor kurzem den Leitzins von null bis 0,1 auf 0,25 Prozent an. Zudem kündigte die Notenbank an, die monatlichen Anleihekäufe reduzieren zu wollen. Im Juli wertete der Yen entsprechend deutlich, um 9,7 Prozent, gegenüber dem US-Dollar auf. Damit verloren viele Carry Trades an Attraktivität, weshalb schon in den zurückliegenden Wochen viele davon aufgelöst worden waren. Zum Wochenbeginn gipfelte dies in einer ganzen Abwicklungswelle, die mit ausschlaggebend für den Crash war. Trader mussten Aktien oder Kryptowährungen verkaufen, um die Carry Trades abwickeln zu können. Gleichzeitig hatten Investoren Carry-Trades zuletzt immer häufiger auch direkt für Investments in Tech-Aktien genutzt. Die Carry Trades vom Montag seien die größten gewesen, die die Welt je gesehen habe, schrieb Kit Juckes von der Société Générale in einem Bericht.

Nachdem sich die Carry-Trade-Problematik am Markt herumgesprochen hatte, haben wohl einige Investoren in den Crash hinein gekauft und die Kurse wieder nach oben getrieben. Schließlich waren die Kursverluste damit nicht fundamental gerechtfertigt gewesen. Vom Tisch ist die Sache damit aber noch nicht. Es ist unklar, wie viele Carry Trades derzeit noch offen sind und wie viele in den kommenden Tagen noch abgewickelt werden.  

Längerfristig dürfte aber ohnehin eher der zweite Auslöser für den Montagscrash eine Rolle spielen, die sogenannte Sahm-Regel. Diese besagt, dass die USA, bei einem Anstieg der Arbeitslosenquote binnen eines Jahres um mehr als 0,5 Prozentpunkte, in eine Rezession rutschen. Die Regel geht auf die Ökonomien Claudia Sahm zurück, die diese auf Basis historischer Muster aufgestellt hat.

Danach stünde eine Rezession nun kurz bevor. Die Arbeitslosenquote in den USA stieg im Juli auf 4,3 Prozent. Im Juli 2023 hatte sie bei 3,5 Prozent gelegen. Eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung war bis zuletzt in den Aktienkursen jedoch nicht eingepreist. Investoren setzten auf moderates Wachstum, inklusive sinkenden Inflationsraten und Leitzinsen. Nun ist auf einmal die Angst vor einer Rezession zurück. Die jüngste Ergebnissaison trägt da nicht gerade zur Entspannung bei. Besonders im Technologiebereich blieben viele Unternehmen hinter den Markterwartungen zurück.

Die Auflösung der Carry-Trades und die Sahm-Regel als Damoklesschwert über der US-Wirtschaft gesellen sich zu den bekannten Risiken rundum den Konflikt zwischen Israel und Iran, der bei einer Eskalation die Ölpreise steigen lassen dürfte, sowie den um faire Handelsbeziehungen zwischen China und dem Westen, der das globale Wachstum lähmt. Am Montag ist das krisengefüllte Fass, das vor allem in den USA auf hohe Aktienbewertungen trifft, kurzzeitig übergelaufen. Für Anleger ist das allemal eine Warnung, dass es in den kommenden Wochen an den Weltbörsen mindesten volatiler werden könnte, als bislang.

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