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Märkte > Bewertungen im Tech-Bereich zu hoch?

Star-Prognostiker warnt vor Börsencrash

(Foto: picture alliance / NurPhoto | Vernon Yuen)

Howard Marks hat die Dotcom-Blase, die Finanzkrise und den Corona-Crash vorhergesagt. Jetzt warnt er erneut.

Es gibt viele sogenannte Börsenorakel, nur wenige aber prognostizierten die Zukunft in der jüngeren Vergangenheit so zielsicher wie Howard Marks. Der Mitgründer und Co-Vorsitzende der Investmentfirma Oaktree Capital Management, hat die größten Crashs der vergangenen drei Jahrzehnte alle vorhergesagt: die Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende, die Finanzkrise 2008, den Corona-Crash 2020. Könnte immer noch Glück gewesen sein, doch wahrscheinlicher war es bei einer solchen Treffsicherheit doch eher Können.

Marks wird gehört an den Börsen – besonders dann, wenn er warnt. Und das hat er kürzlich einmal mehr getan. In einem seiner Memos, die der 78-jährige regelmäßig veröffentlicht, wies er Anfang Januar auf einige bestimmte Signale hin, die eine Blasenbildung zumindest nahelegen. Ob es sich bereits um eine handelt, darauf wollte er sich nicht festlegen lassen. Doch es ist zum einen die starke Abhängigkeit der Märkte von den „Magnificent Seven“, sprich den Aktien von Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon, Nvidia, Meta und Tesla, sowie zum anderen ein insgesamt weit verbreiteter Optimismus unter Anlegern, der Marks zunehmend skeptisch werden lässt.

Die sieben Tech-Giganten haben bis Ende 2024 etwa 32–33 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung des S&P 500 erreicht, nahezu doppelt so viel wie vor fünf Jahren. Zum Vergleich: Während der Dotcom-Blase 2000 machten die Top-7-Aktien etwa 22 Prozent des Index aus. Diese Konzentration von Marktkapitalisierung wirft die Frage auf, ob der Markt durch die starke Dominanz weniger Unternehmen überbewertet sein könnte. Hinzu kommt, dass Ende November US-Aktien für 70 Prozent der Marktkapitalisierung des MSCI World standen, der höchste Wert seit 1970.

Diese Erkenntnis allein reicht nicht, um von einer Blase zu sprechen, doch gemeinsam mit der nach wie vor sehr positiven Sicht der Anleger auf den Aktienmarkt, könnte sich etwas zusammenbrauen. „Für mich ist eine Blase oder ein Crash mehr psychologisch zu begründen als mithilfe quantitativer Fakten“, schreibt Marks. Es gehe nicht nur um immer weiter steigende Aktienkurse, sondern um bestimmte Verhaltensweisen von Anlegern und Investoren. Zum einen nennt Marks dabei einen „hochgradigen irrationalen Überschwang“, eine Art „Verehrung von bestimmten Unternehmen“, gepaart mit der Überzeugung, dass diese keinesfalls ihre Ziele verfehlen, eine „große Angst Chancen zu verpassen“, indem man nicht investiert ist, und eine Herangehensweise beim Kauf im Sinne von „kein Preis ist zu hoch“.

Alle vier Punkte treffen wohl besonders auf die Magnificent Seven, sowie weitere stark gestiegene Tech-Aktien zu, denen Anleger großes Potenzial aufgrund der Entwicklungen rundum KI zutrauen. Hinzu kommen die „3 Stufen des Bullenmarktes“, wie Marks schreibt. In einer ersten Phase würde meist ein Marktrückgang oder -absturz erfolgen, nur wenige Anleger trauten sich zu diesem Zeitpunkt ein Investment zu. In der zweiten Phase gehe es aufwärts, die Wirtschaft laufe gut, viele akzeptierten, dass es nun tatsächlich ein verbessertes Umfeld gebe. In der dritten Phase würden dann, nachdem sich die Wirtschaftsnachrichten zuvor noch weiter aufgehellt und Unternehmen stark steigende Gewinne vermeldet hätten, viele Anleger zu dem Schluss kommen, dass es nur immer noch besser werden kann.

Tatsächlich ließ sich dieses Verhalten in den vergangenen drei Jahren besonders im Technologiesektor in etwa so beobachten. Zunächst fielen die Kurse aufgrund der im Zuge hoher Inflationsraten steigenden Zinsen. Das war 2022. Hernach keimte Hoffnung auf, die Unternehmensergebnisse fielen besser aus als gedacht, die Inflation ging zurück, die Rezession in den USA blieb aus, die Aussichten auf Zinssenkungen waren da. Hinzu kam ein beginnender Hype um KI. Anleger griffen verstärkt zu. Das war 2023. Schlussendlich dann entwickelte sich eine Mega-Rally, angetrieben zuvorderst von den KI-Erwartungen der Anleger, die zumindest in Teilen auch von starken Zahlen der betreffenden Unternehmen gestützt werden konnten. Das war 2024. Und auch der Start ins neue Jahr geriet positiv, noch läuft die Rally.

Ein möglicherweise gefährlicher Zeitpunkt, denn: „Es gibt keine Anlage, die so gut ist, dass sie nicht überbewertet und damit gefährlich werden kann, und es gibt nur wenige Anlagen, die so schlecht sind, dass sie nicht billig genug werden können, um ein Schnäppchen zu sein“, schreibt Marks.

„Die Blasen, die ich erlebt habe, waren alle mit Innovationen verbunden und viele von ihnen wurden entweder überschätzt oder nicht vollständig verstanden“, führt Marks weiter aus. Die Vorzüge eines neuen Produkts oder einer neuen Art der Geschäftstätigkeit würden in der Regel auf der Hand liegen, aber die Schlaglöcher und Fallstricke seien oft versteckt und würden erst in schwierigen Zeiten entdeckt. „Investoren, denen es an Erfahrung in diesem neuen Bereich mangelt, begreifen oft nicht, dass selbst ein brillanter Newcomer verdrängt werden kann.“

In Blasen behandelten Anleger die führenden Unternehmen so, als ob diese Firmen mit Sicherheit jahrzehntelang führend blieben. „Einige tun es, andere nicht, aber der Wandel scheint eher die Regel zu sein als die Beständigkeit“, glaubt Marks.

Dafür lohnt ein Blick auf die Gewichtungen im S&P 500. Von den Unternehmen, die im Jahr 2000 nach Marktkapitalisierung die Top20 im Index stellten, waren 2024 nur noch Microsoft, Johnson & Johnson, Walmart, Procter & Gamble, Exxon Mobil und Home Depot erneut darunter zu finden. Von den Magnificent Seven, die heute den Markt dominieren, war damals allein Microsoft bereits unter den Unternehmen mit dem höchsten Börsenwert aufgetaucht.

Mit einer endgültigen Bewertung, ob sich der Markt in einer Blase befindet, hält sich Marks zurück. Er räumt ein, dass einige der aktuellen Markttreiber – wie das Wachstum von KI und die anhaltende Nachfrage nach Technologieprodukten – reale ökonomische Grundlagen haben könnten. Dennoch mahnt er zu Vorsicht: „Es ist gefährlich, sich ausschließlich auf den Glauben zu verlassen, dass die Zukunft rosiger ist als die Vergangenheit.“

Keine endgültige Warnung vor einem nahenden Crash also, aber doch ein erhobener Zeigefinger des Star-Prognostikers.

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