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Produkte mehr verkaufen, die in Russland
hergestellt worden sind. Die Baumarkt-Kette
Obi stellt ihr Geschäft in Russland ein, immerhin
sind das 27 Baumärkte und 4900
Mitarbeiter und macht gemessen an der Gesamt
Belegschaft etwa ein Zehntel aus. Der
Elektro- und Energietechnikhersteller Siemens
Energy hat sämtliches Neugeschäft in
Russland gestoppt. Der frühere Mutterkonzern
Siemens hat alle neuen Geschäfte und
internationalen Lieferungen nach Russland
eingestellt. Der Sportartikelhersteller Adidas
hat seine Partnerschaft mit dem Russischen
Fußballverband eingestellt. Und Konkurrent
Puma will sich bis auf weiteres ganz aus dem
operativen Betrieb in Russland zurückziehen.
Die Deutsche-Post-Tochter DHL befördert
keine Sendungen mehr nach Russland. Die
Lufthansa f liegt das Land nicht mehr an.
Ihre Tochter Lufthansa Technik hat wegen
der Sanktionen sämtliche Serviceleistungen
für russische Kunden gestoppt, genauso wie
Airbus und Boing, hunderte Maschinen müssen
deswegen am Boden bleiben. Bei all den
Unternehmen führt der Ausfall des Russland-
Geschäfts zu einer – meist überschaubaren –
Delle im Umsatz.
Verheerender aber sind die Auswirkungen
auf Energiepreise und damit Inflation, die
die Sanktionen haben. „Der Russland-Ukraine
Krieg ändert die geopolitischen und
ökonomischen Rahmenbedingungen insbesondere
für Europa grundlegend", kommentiert
die Deka-Bank die aktuelle Situation.
Die Ratingagentur Scope senkt die Daumen:
„Die Wachstumsaussichten Deutschlands
verschlechtern sich. Deutschlands exportorientierte
Wirtschaft und die Abhängigkeit
der Exporteure von internationalen Zulieferern
impliziert, dass der Krieg in der Ukraine
zu weiteren Störungen führen wird“, sagte
Scope-Experte Eiko Sievert. Im schlimmsten
Fall schließen Ökonomen selbst eine
schrumpfende Wirtschaft nicht aus: Das
wirtschaftliche Risikoszenario liege in einer
weiteren und länger andauernden Eskalation
mit nochmals schärferen Sanktionen zwischen
dem Westen und Russland, heißt es
von der Deka-Bank. „Insbesondere ein abruptes
Aussetzen von Rohstofflieferungen könnte
in Westeuropa eine kurzzeitige Rezession
auslösen" – womit das „R“-Wort gefallen ist.
Ralph Solveen, stellvertretender Chefvolkswirt
der Commerzbank schließt sich an und
Foto © shutterstock - Pedal to the Stock
erklärt, dass die deutsche Wirtschaft trotz
grundsätzlich „äußerst guter konjunktureller
Rahmenbedingungen" in eine Rezession
stürzen könne.
Auch für die Entwicklung des deutschen
Außenhandels insgesamt werden der Krieg in
der Ukraine sowie die verhängten Sanktionen
spürbare Folgen haben. Das bisher prognostizierte
Exportwachstum von sechs Prozent für
2022 sei nicht mehr zu schaffen, erklärte der
Deutsche Industrie- und Handelskammertag
(DIHK). sagte. „Angesichts des Krieges
in der Ukraine wird klar, dass das Gesamtjahr
ein absolut dunkles sein wird", sagt
DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.
Es könne sogar sein, „dass der preisbereinigte
Export in negative Zonen abrutscht."
Anleger nehmen das Szenario inzwischen zur
Kenntnis. Nachdem der Dax wochenlang
eher seitwärts notierte, ist er inzwischen ins
Rutschen geraten und notierte zu Wochenbeginn
zeitweise auf dem tiefsten Stand seit
November 2020. Den Einbrüchen beim Umsatz,
den die Unternehmen gerade erleiden,
können sich Anleger derzeit offenbar nur
durchs Aussteigen entziehen. Oliver Stock
Bleibt geschlossen: Immer mehr Unternehmen
schließen sich den internationalen Sanktionen
gegen Russland an. Auch IKEA zieht sich
komplett zurück.