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Märkte > 20 Prozent plus in fünf Monaten

DAX Great Again

(Foto: H-AB Photography / Shutterstock)

Nicht einmal mehr ein Fünftel der Profi-Investoren glaubt noch an die Dominanz von US-Aktien. Immer mehr setzen auf Europa. Der Dax eilt von Rekord zu Rekord.

„Wette niemals gegen Amerika“, war lange das Mantra von Warren Buffett. Weshalb er stets gern betonte, dass es seiner Ansicht nach für die meisten Menschen das Beste sei, einen Indexfonds auf den S&P 500 zu kaufen. Der Glaube des wohl bekanntesten Investors der Welt an die US-Wirtschaft war jahrzehntelang so sicher, wie das Amen in der Kirche. Und sehr lange gaben ihm die Entwicklungen an den Aktienmärkten recht. Buffetts Home Bias zahlte sich aus, US-Aktien performten stetig besser als ihre europäischen Pendants.

Mit Beginn der zweiten Amtszeit Donald Trumps als US-Präsident hat sich dieses fast schon sicher geglaubte Börsenszenario auf einmal in Luft aufgelöst. Der S&P 500 hat sich zwar vom zwischenzeitlichen Zoll-Crash erholt, auf Jahressicht hat er damit aber nur Verluste ausgebügelt und sich summa summarum nicht von der Stelle bewegt. Ganz anderes der Dax, der im Vergleichszeitraum mit über 20 Prozent im Plus steht und die durch Trumps Handelspolitik ausgelösten Gewinneinbrüche Anfang April mehr als ausgebügelt hat. Der Kurssturz mit seinem Höhepunkt am „Panic Monday“ war im Nachhinein betrachtet eine der größten Kaufgelegenheiten der Börsen-Historie. Auch der Stoxx Europe 600 liegt mit einem Zuwachs von rund acht Prozent seit Jahresbeginn noch deutlich vor dem S&P 500.

Warren Buffett warnt seine Aktionäre mit Blick nach Washington inzwischen vor „Schurken und Promotoren, die diejenigen ausnutzen, die ihnen fälschlicherweise vertrauen“, verkaufte zuletzt große Aktienpakete und hält rund 350 Milliarden Dollar an Barreserven. Tiefes Vertrauen in die US-Wirtschaft und den S&P 500 sieht anders aus.

Eine vor kurzem veröffentlichte Studie der US-Bank JPMorgan zeigt: Unter Profi-Investoren hat sich eine regelrechte „Sell America“-Strategie breit gemacht. Nur noch 17 Prozent von insgesamt 700 Großinvestoren aus 45 Ländern setzen noch auf US-Aktien als führende Anlageklasse. Derweil erwarten 36 Prozent der Befragten, dass 2025 europäische Aktien am besten performen werden. Zwar gehen die Anlageexperten davon aus, dass auch US-Aktien in diesem Jahr zulegen, jedoch weniger stark als Titel aus Europa.

Zwar gibt es auch gegenteilige Stimmen, Morgan Stanley schätzt, dass die amerikanische Dominanz aufgrund von sich verbessernden Gewinnerwartungen, Fortschritten im KI-Bereich sowie einer unterstützenden Geldpolitik am Aktienmarkt bis mindestens 2026 bestehen bleibt. Allerdings warnte Andrè Munkelt, Vorstandsvorsitzender von Morgan Stanley Europe, Anfang Mai auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel vor einer dann möglicherweise einsetzenden Wachstumsumkehr. „2026 könnte Europa stärker wachsen“, so Munkelt, der ein so großes internationales Anleger-Interesse an Europa und Deutschland beobachtet, wie „seit fünf, sechs Jahren“ nicht mehr.

Wie aus dem JPMorgan-Report hervorgeht, beobachten viele Investoren Trumps wirtschafts- und handelspolitische Agenda zunehmend mit Sorge. Auch wenn einige der unlängst angekündigten Zölle schon wieder vom Tisch sind oder deutlich abgeschwächt eingeführt wurden, glauben die Finanzprofis an weitrechende Konsequenzen. Die Rezessionswahrscheinlichkeit bemisst JP Morgan zwar nur mit 40 Prozent, doch Trumps erratische Zollpolitik dürften Unternehmensinvestitionen und den Konsum bremsen. Darüber hinaus könnten ausländische Investoren weiter US-Staatsanleihen verkaufen, da diese durch die steigenden US-Schuldenlast in Verbindung mit der undurchsichtigen Wirtschaftspolitik Trumps Stück für Stück ihren Status als sicherer Hafen verlieren.

Die Umschichtung großer Investoren von der US- auf die europäische Seite des Atlantiks könnte sich also noch eine Weile fortsetzen. Die „Sell America“-Stimmung wächst – und in Europa sind viele Aktien trotz der jüngsten Kursanstiege immer noch moderat bewertet, wenn auch kaum noch wirklich günstig.

Dass Europas Börsen und insbesondere Dax in Rekordlaune sind, liegt aber auch an der Zinspolitik der EZB, die zuletzt weniger restriktiv war, als die der Fed in den USA. Gemeinsam mit dem deutschen Schuldenpaket nährt das die Aussichten auf niedrige Zinsen und Wirtschaftswachstum. Zudem sinken (noch) die Inflationsraten. Schlussendlich waren viele Dax-Aktien vor der jüngsten Rally schlicht unterbewertet. Value-Werte, wie die Allianz, Munich Re oder Eon waren für viele Anleger nur am Rande interessant, wo doch US-Wachstumswerte von Kursrekord zu Kursrekord kletterten. Die Gewinnentwicklung der Konzerne lässt sich aber schon länger sehen, womit eine Bewertungslücke entstanden ist. Noch dazu profitierten Aktien, wie die von Airbus, MTU und natürlich Rheinmetall direkt von den Milliardeninvestitionen ins Militär.

Bislang wäre in diesem Jahr also tatsächlich für viele Menschen ein ETF auf den DAX die bessere Wahl gewesen als ein solcher auf den S&P500.

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