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Märkte > Neuer Anlagetrend

Investieren wie Superreiche

Stückchen von einer Rolex "Day-Date": Mit diesem Vintage-Modell möchte Timeless Investments 115.000 Euro einsammeln. Fast 90 Prozent sind geschafft.

Immer mehr Menschen suchen Anlageformen abseits der Börsen. Und es gibt sie. Investments in Kunst, seltene Sammlerstücke oder Private Equity sind plötzlich nicht mehr nur Superreichen vorbehalten. Doch was steckt dahinter?

Was haben Kunst, Uhren und Sneaker gemeinsam? Mehr als man denkt. Durch den wachsenden Sammlermarkt sind diese mehr als Sammlerobjekte: Alles Anlagemöglichkeiten, die Investoren ein kleines Vermögen einbringen können. Mit einer sehr geringen Korrelation zu traditionellen Vermögenswerten wie Aktien oder Gold und dem Potenzial als Inflationsschutz sind Sammlerstücke kein Hobby mehr, sondern vollwertige alternative Investitionen. Waren Kunst, Private Equity oder Oldtimer als Investitionsmöglichkeit bisher nur den Reichen und Superreichen vorbehalten, brechen Start-ups heute den Markt auf. Der Grund dafür: Die Verschmelzung des Hobbys mit Technologie und Finanzen veränderte alles. Die Zeiten von privaten Hinterzimmertreffen, exklusiven E-Mail-Listen und Auktionen sind vorbei. Für gewöhnlich brauchten Investoren bisher nicht nur ein gut gefülltes Bankkonto, sondern auch Kontakte und genug Sachverstand, um im heiklen Metier nicht über den Tisch gezogen zu werden. Aber wie wäre es, wenn wir die Luxusgegenstände nicht selbst besitzen, sondern „nur“ in sie investieren und an deren Wertsteigerung beteiligt wären?

Krümel vom Kuchen

Denn: Der Kunstmarkt erwies sich als überraschend krisenfest und der Traum vom Kunstwerk an der heimischen Wohnzimmerwand ist für viele Menschen utopisch. Aber es gibt auch einen anderen Weg an der Gewinnmarge von Kunst beteiligt zu werden – indem man nur Anteile daran besitzt. Das Düsseldorfer Start-up Artrade bietet genau das an. „Das Ziel war es, den exklusiven Kunstmarkt aufzubrechen und jedem interessierten Menschen die Möglichkeit zu bieten, in Kunst anzulegen. Dazu nutzen wir Technologie, um fraktionalisierte Investitionen in diese Assets zu ermöglichen“, heißt es vom Co-Founder Julian Kutzim dazu. „Dabei kümmern wir uns als Fullservice-Dienstleister, um Sourcing, Versicherung, Verwahrung, Management und schließlich den Abverkauf“. Klingt gut ...

Ein Ministück vom Kuchen

Und das klappt alles so: Artrade identifiziert im Blue-Chip-Segment Kunst, die erfolgversprechend ist, also Werke die als äußerst prestigeträchtig angesehen und oft von renommierten Künstlern geschaffen werden. Entspricht die Arbeit den Standards des Unternehmens, werden Preise eingeholt. Erst nachdem auch Kunstexperten ihre Meinung abgegeben haben, wird das Werk von einer Verwahrgesellschaft von Artrade gekauft. Nun können Kunstfans schon ab 1.000 Euro investieren, indem sie digitale Wertpapiere erwerben. Kostet ein Gemälde 100.000 Euro, werden 100.000 Token verkauft. Damit haben Anleger den Anspruch gegen die Verwahrgesellschaft, an der Wertsteigerung beteiligt zu werden. Das Kunstwerk bleibt bei Artrade, allerdings nicht in Tresoren weggeschlossen, sondern es wird auch weiterhin für Ausstellungen verliehen. „Wir sind der Meinung, dass Kunst erschaffen wurde, um gesehen zu werden. Die Exklusivität des Kunstmarktes konterkariert das eigentlich. Wir bieten Kunst als Geldanlage, ohne dass man sie der Öffentlichkeit entzieht“, so Kutzim. Die Haltedauer beträgt bei der Firma durchschnittlich fünf Jahre. Hat das Werk ein Momentum, weil der Künstler in den Schlagzeilen steht, kann der Verkauf eher stattfinden. Nach dem Verkauf bekommen Anleger ihr Investment zu 100 Prozent zurück – und zusätzlich werden 90 Prozent des Gewinns an alle Investoren ausgeschüttet.

Allerdings ist das bisher nicht passiert, weil sich das Start-up erst 2021 gründete und bisher noch kein Verkauf stattfand. „Kunstsammler werden bei uns im Zweifel nicht richtig sein, denn sie das Werk besitzen wollen. Unsere Kunden geht es darum, mit Wertsteigerung der Kunst Rendite einzufahren“. Wenn es nach den Gründern geht, sollen diese Renditen auch ordentlich sein. Artrade orientiert sich am Artprice-100-Index, und der zeigt, dass Werke von Künstlern im Blue-Chip-Bereich in den letzten 20 Jahren eine durchschnittliche jährliche Rendite von gut neun Prozent erzielten. Zum Vergleich: der DAX kommt auf knapp drei Prozent. Doch nicht alle Kenner sehen das Investment so optimistisch und halten die Renditen für nicht machbar. Artrade schaut sich für die Preisfindung die vergangenen Auktionsergebnisse und Galeriepreise an, die nur zu einem Teil repräsentativ sind. Auch in der Kunst gibt es Ladenhüter oder Werke, die nicht so gut performen wie andere vom selben Künstler. Dann kann die Rendite auch wesentlich kleiner ausfallen. Ob das so sein wird, muss sich noch zeigen.

Sammeln ohne Sammlung

Sammeln kann man erstmal alles. Die einen stellen sich vor grelle Sneaker-Läden, um die Trendtreter der Stunde zu ergattern und andere sparen sich eine beeindruckende Uhrensammlung zusammen. In den vergangenen Jahren ist neben Aktien und ETFs noch eine alternative Assetklasse dazugekommen: Die der Sachwert-Investments. Collectibles oder eben Sachwert-Investments sind Sammlerobjekte, die einen gewissen ideellen oder materiellen Wert haben und aus Gründen der Freude oder der Investition gesammelt werden. Theoretisch kann jeder Gegenstand wie Briefmarken, Handtaschen, Schallplatten, Autogramme, NFTs, Sneakers, Whiskeyflaschen, Oldtimer und sogar LEGO-Sets ein Collectible sein. Wer allerdings nicht die Kohle für eine Knallerkarre hat oder das coole Uhrenmodell von Audemars Piguet, Rolex und Co. nur am Handgelenk von Superstars bewundert, für den ist die Plattform von Timeless Investments interessant.

Dieses Unternehmen bietet per App die Option, in unterschiedliche Gegenstände zu investieren. Wie bei Artrade, kauft man die seltenen Gegenstände nicht, sondern man investiert in sie. Timeless Investments identifiziert potentielle Sammlerstücke mit einem hohen Wertsteigerungspotential und kauft sie, nachdem ihre Echtheit authentifiziert und verifiziert worden sind. Und nun kommt die Community ins Spiel. Die Gegenstände werden mit Hilfe von Blockchain-Technologie in digitale Anteile zu je 50 Euro aufgeteilt. Digitale Transaktionen werden zuverlässig dokumentiert. Die Nutzer können jederzeit mit anderen Timeless-Nutzern handeln, wenn sie die Papiere nicht bis zum Exit behalten möchten. Die Halteperiode beträgt hier zwölf bis 36 Monate. Erst dann wird ein Sachwert verkauft, und die Anteilseigner erhalten entsprechend ihres Anteils die passende Auszahlung. Gelagert werden die teuren Schätzchen in dieser Zeit in einem Hochsicherheitslager. Dass die Schätze nicht nur Investoren anlocken, sondern auch Kriminelle, musste die Firma im November 2022 feststellen. Denn damals knackten Einbrecher einen Tresorraum und entwendeten Luxusuhren, in welche die Kundschaft von Timeless als Wertanlage investiert hatte. Das Gerichtsverfahren läuft noch und solange das nicht abgeschlossen ist, leistet die Versicherung keine Zahlungen. Pech gehabt.

Private Equity light

Das nur Bares Wahres ist, daran glaubt das Unternehmen Liqid. Liqid ist ein Finanztechnologieunternehmen mit Sitz in Berlin. Das Unternehmen bietet eine Plattform an, über die seine Kunden Zugang zu einer breiten Palette von Anlageprodukten, die normalerweise nur institutionellen Anlegern vorbehalten sind, wie zum Beispiel Private Equity und Hedgefonds. Bei der ersten Möglichkeit wird Kapital von privaten Investoren verwendet, um in nicht börsennotierte Unternehmen zu investieren, denn einer breiten Öffentlichkeit ist eine solche Investition gar nicht möglich. Mit Liqid, die nach eigenen Angaben zufolge inzwischen rund drei Milliarden Euro an Kundengeldern betreuen, ist das anders. „Wir bieten ausschließlich Produkte an, in die wir selbst investieren würden. Klassische Kleinanleger bekommen diese Angebote bei ihrer Hausbank nicht. Ich bin der Meinung, die Angebote der Banken und Sparkassen sind nicht im Interesse der Kunden gemacht, da schwingt immer ein gewisses Anbieterinteresse mit“, sagt Moritz von Rhein, Head of Private Markets bei Liqid dazu. „Unser klassischer Kunde kommt mit einem Vermögen zwischen 100.000-2.000.000 Euro zu uns. Diese Kunden sind also überdurchschnittlich vermögend, aber nicht ´groß´ genug, um bei einer Privatbank oder einem Family Office Fuß zu fassen“, beschreibt Moritz von Rhein die Liqid-Kundschaft. Vermögensverwalter haben immer einen Vibe von old money oder grundsätzlich „lots of money“. Das liegt auch daran, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), also die Finanzaufsichtsbehörde in Deutschland, einen Mindestanlagebetrag bei 200.000 Euro definiert hatte. Wer weniger Geld anlegen will, brauchte nicht zu klopfen. Die Mindestanlagebeträge dienen dazu, die Anleger vor übermäßigen Risiken zu schützen und sicherzustellen, dass sie potenzielle Verluste tragen können. Im letzten Jahr gerieten einige Anbieter in Schwierigkeiten, nachdem sie die Zugangshürden für Venture-Capital-Fonds durch tokenisierte Anteile gesenkt hatten. Das Münchner Startup Econos sah sich gezwungen, ein Angebot an seine Kunden sofort einzustellen, da die Finanzaufsicht „erhebliche Bedenken hinsichtlich des Anlegerschutzes“ geäußert hatte. Monate später gingen bei Econos die Lichter aus.

Und wie läuft das?

In einigen Monaten soll es Anlegern bei Liqid mit einem Budget von nur 10.000 Euro möglich sein, ihr Geld anzulegen, was bedeutet, dass so vielen Menschen die Türen zu jenen Anlageoptionen offensteht, die Multimillionäre nutzen, um noch reicher zu werden. Nur wie soll das bitte legal möglich sein? Das Zauberwort heißt ELTIF 2.0. und steht für European Long-Term Investment Fund. Die EU schuf diese Anlageform  2015, damit Investitionen in Vermögenswerte wie Infrastruktur, Immobilien und Unternehmen erleichtert werden. In der Theorie zumindest, denn in der Praxis waren sie nicht attraktiv. ELTIFs können komplexere Anlagestrukturen und Regeln haben, was sie weniger transparent und verständlich macht. Doch seit Anfang des Jahres traten mit ELTIF 2.0 Änderungen in Kraft und das hat weitreichende Auswirkungen. Beschränkungen bei der Portfoliokonstruktion fallen nun weg, Mindestanlagebeträge werden ein Ding der Vergangenheit sein. Der Gamechanger, so hofft Liqid, wird sein, dass die neuen Fonds ein regelmäßiges Liquiditätsfenster ermöglichen. In anderen Worten: Geld kommt viel häufiger in die persönliche Kasse, weil man seine Anteile am Fonds leichter verkaufen kann. Dieses Unterfangen nennt das Unternehmen LIQID Private Equity NXT und kooperiert dazu mit Neuberger Berman, einem globalen Asset Manager, mit Sitz in New York. Neuberger Berman verwaltet ein Vermögen von mehr als 470 Milliarden US-Dollar, wovon rund 91 Milliarden auf Private Equity entfallen. Mit der Co- Investment-Strategie hat Neuberger Berman seit 2009 gemeinsam mit führenden Private-Equity-Managern in mehr als 400 Unternehmen investiert und damit eine hohe Rendite für seine institutionellen Investoren erzielt. Genau wie bei Arttrade wird sich erst mit der Zeit zeigen, wieviel Rendite unter dem Strich mit Private Equity und dem ELTIF 2.0 Verfahren gemacht werden kann. Klar ist: Mit Private Equity werden Anleger nie so schnell flüssig sein wie mit Aktien-ETFs.

Rendite = Risiko

Grundsätzlich sind die neuen Anlagemöglichkeiten attraktiv für die Menschen, die ihr Geld schon in den klassischen Formen angelegt haben. Es geht immer um Beimischung und Streuung des Risikos. Absolute Sicherheit gibt es bei Investitionen nicht. Schnelles Investieren wie mit den Neo-Brokern in Aktien oder gar Krypto ist bei keinem der Start-ups ratsam, auch nicht, weil viel mehr Geld auf den Tisch gelegt werden muss. Luxusartikel als Geldanlage sind immer ein Risiko. Geschmäcker ändern sich und die wertvollen Produkte können leicht Schaden nehmen. Die Demokratisierung des Anlagemarkts hat begonnen. Ihr Geld ist so gut, wie das der Superreichen. Machen wir also das Beste daraus.

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