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Märkte > 56 Prozent underperformen

Markt schlägt Mehrheit der Finfluencer

(Foto: PeopleImages.com - Yuri A / Shutterstock)

Was taugen die Aktientipps von Influencern auf Instagramm und Co.? Eher wenig, belegen Studien. Im Schnitt fährt sogar besser, wer konträr zu den Empfehlungen handelt.

Investierten im Jahr 2017 gerade einmal 905.000 Menschen unter 39 Jahren an der Börse, waren es laut dem Deutschen Aktieninstitut 2023 bereits 4,1 Millionen. Das entspricht einer Vervierfachung in sechs Jahren – und ist eng mit dem Finfluencer-Boom auf Social-Media-Kanälen, wie Instagram oder TikTok, verknüpft. Dieser korreliere „deutlich mit dem Wachstum der Aktionärszahlen in der jungen Generation“, erklärt Prof. Dr. Henning Zülch, Inhaber des Lehrstuhls für Rechnungswesen, Wirtschaftsprüfung und Controlling an der HHL Leipzig Graduate School of Management. Die HHL hat gemeinsam mit der Fachhochschule St. Pölten und Paradots in einem Forschungsprojekt die Profile deutschsprachiger Finfluencer auf Instagram untersucht – 357 aktive Accounts mit insgesamt über 10 Millionen Followern.

„Viele große Finfluencer haben ihre Follower in den letzten Jahren mehr als verdoppelt“

Finfluencer, also Influencer im Bereich Finanzen, werden bei jungen Menschen immer beliebter, wenn es um Themen der Geldanlage und Altersvorsorge geht, bringen viele sogar erst dazu, sich überhaupt damit zu beschäftigen. Aktien, Immobilien, Kryptowährungen – in den vergangenen vier Jahren ist die Zahl der selbsternannten Finanzexperten mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf Social-Media-Kanälen stark gestiegen, genauso wie die ihrer Follower. Die deutschlandweit zehn größten Instagram-Finfluencer erreichen der HHL-Studie zufolge mit ihren Finanzinhalten jeweils über 200.000 Follower, ein kleiner Kreis von 24 Finfluencern über 100.000 Follower. „Viele große Finfluencer haben ihre Follower in den letzten Jahren mehr als verdoppelt“, sagt Eloy Barrantes, CEO der Beratungsagentur Paradots. Vor allem während der Coronapandemie sind die Zahlen stark gestiegen. Viele junge Investierende hätten das Thema damals für sich entdeckt, meint Zülch. „Das Erfolgsrezept von Finfluencern ist, dass sie Finanzinhalte authentisch, persönlich und unterhaltsam vermitteln“, sagt Barrantes. Das unterscheidet sie klar von anderen Akteuren und auch den traditionellen Medien, Finfluencing ist Infotainment.“ Optisch und technisch hätten die meisten Finfluencer den Finger immer „am Puls der aktuellen Instagram-Trends“, weiß auch Monika Kovarova-Simecek, Professorin an der University of Applied Sciences St. Pölten.

All das klingt zunächst nach einer eher guten Nachricht. Junge Menschen, die sich frühzeitig mit Finanz- und Börsenthemen beschäftigen, vielleicht mit ihrer privaten Altersvorsorge – zumindest aus volkswirtschaftlicher Perspektive scheint das wünschenswert. Und tatsächlich: Wer über Profile, wie die von Ibo Ahmiane alias professorfinanzen, scrollt, der bekommt prägnante, launige Kurzvideos zu praxisnahen Themen, überschrieben beispielsweise mit „Handy, Computer und Software von der Steuer absetzen?“ oder „Jetzt GameStop-Aktie kaufen?“. Ahmiane beleuchtet viele allgemeine Finanzthemen erklärend, auch mit Blick auf den GameStop-Hype erwähnt er ausdrücklich, dass es sich bei diesem Aktienkauf um eine Spekulation handeln würde. In einem früheren Video gab Ahmiane aber auch schon mal seine „echten Geheimtipps“ bekannt und warb für seine „Aktien-Insight“-Marktanalysen, die für 30 Euro im Monat abonniert werden können. Diese enthielten noch mehr „Goldgräberaktien“. „Es gibt beides: Professionelle Finfluencer, die sich an Regeln halten und die Risiken von Investments sehr aktiv ansprechen, ebenso wie schwarze Schafe, die unseriöse Investment-Tipps mit ihren Followern teilen“, erklärt Kovarova-Simecek. Im Fall Ahmiane, hinter Tommy Primorac, alias immo.tommy, der Finfluencer mit den meisten Followern in Deutschland, überwiegt die Seriosität, doch es kommt offenbar darauf an, welches Video man klickt.  

Die schlechtesten Finfluencer haben die meisten Follower

Grundsätzlich braucht es, um Finfluencer zu werden, keine Ausbildung, kein Zertifikat. Entgegen Banken und anderen Finanzdienstleistern werden Finfluencer auch nicht von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt. Es ist also leicht, auch ganz bewusst und mit voller Absicht seine Follower in teure Abos zu locken, die durch spezielle Aktientipps zu Überrenditen an den Märkten führen sollen. Da es sich nicht um eine Anlageberatung handelt, sind solche häufig unfundierten Empfehlungen nicht illegal. Das Problem aus Verbrauchersicht: Ungelernte und ungeschulte Finfluencer haben laut einer Studie des Swiss Finance Institute mehr Follower, mehr Aktivität und mehr Einfluss als erfahrene Finfluencer. Das kann unter Umständen finanziell schmerzhaft enden. Ebendiese Studie fand nach der Analyse von 29.000 Finfluencer-Accounts heraus, dass nur 28 Prozent der Finfluencer Investmentratschläge geben, die zu einer monatlichen Outperformance gegenüber dem breiten Markt führen. 56 Prozent underperformen den Markt monatlich um 2,3 Prozent. 16 Prozent gehen mit dem Markt. Summa summarum kam die Studie zu dem Schluss: „wer eine konträre Anlagestrategie zu den Empfehlungen der Finfluencer verfolgte, der erzielte eine monatliche Outperformance von 1,2 Prozent.“

Eine weitere Studie aus den USA zum Thema „Crypto-Influencers“ kam zu ähnlich ernüchternden Ergebnissen. Die Wissenschaftler mehrerer US-Universitäten hatten 36.000 Tweets der 180 prominentesten Krypto-Influencer zwei Jahre lang untersucht. Zunächst waren die Tweets zu bestimmten Digital-Coins mit positiven Renditen verbunden. Langfristig aber folgten „signifikant negative Renditen“.

Vorsicht für konkreten Aktientipps

Am Ende schafft also auch der Finfluencer nicht, was immer öfter auch geübten Fondsmanagern nicht mehr gelingt: den Markt schlagen. Häufig ist man da gerade als unerfahrener Anleger mit breiten ETFs besser aufgestellt. Einzelaktien kaufen impliziert schlicht immer ein Risiko. Niemand, auch kein Finfluencer, kann sicher vorhersagen, wie sich ein Kurs in der Zukunft entwickelt. Auch Warren Buffett kann das nicht. Der Star-Investor aber hat ein Team von tausenden Mitarbeitern und Analysten um sich, das täglich Unternehmensergebnisse auswertet, durchleuchtet und makroökonomische Entwicklungen im Auge behält. Nur deshalb wurde aus Buffett das „Orakel von Omaha“.

Das Fazit: Gut gemachtes Finfluencing kann Spaß machen. Nicht selten sind komplizierte Finanzmarktthemen leicht verständlich aufbereitet, mal sachlich, mal launig. Man kann dabei etwas lernen, sollte aber wie überall nicht nur einer Quelle trauen und spätestens, wenn es um konkrete Aktienempfehlungen geht, misstrauisch werden und weiterswipen.

 

 

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