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Märkte > Angriff Israels auf Iran

Nicht nur der Ölpreis steigt: Wie die Märkte auf die Eskalation im Nahen Osten reagieren

(Foto: Rokas Tenys / Shutterstock)

Israels militärischer Schlag gegen den Iran wirbelt die globalen Finanzmärkte durcheinander. Während die Aktienkurse deutlich nachgeben, erleben Rohstoffe einen Preissprung.

Die jüngsten Angriffe Israels auf iranische Atomanlagen haben die Märkte weltweit stark verunsichert. Der DAX verlor am Freitag bis zum Mittag 1,39 Prozent, der MDAX sogar 1,73 Prozent. Auch der EuroStoxx 50 gab deutlich nach. Anleger flüchteten in sichere Häfen wie Gold und Staatsanleihen, während Ölpreise infolge der neuen Kriegsgefahr stark anzogen. Marktbeobachter sehen in der Entwicklung ein unterschätztes Risiko, das nun mit voller Wucht durchschlägt. Gleichzeitig wächst die Sorge vor Inflation: Der Anstieg der Ölpreise könnte die geldpolitischen Spielräume deutlich einschränken.

Branchen reagieren unterschiedlich – Rüstungswerte volatil, Reiseaktien unter Druck

An den Aktienmärkten folgten auf die geopolitische Eskalation klassische Reaktionen: Risikoabbau und Gewinnmitnahmen. Rüstungsaktien wie Rheinmetall oder Renk zeigten sich volatil, während Luftfahrt- und Reiseunternehmen wie Lufthansa, Tui und Fraport deutliche Verluste verbuchten. Zyklische Werte aus Automobil- und Bankensektor gerieten ebenfalls unter Druck. Parallel stiegen die Ölpreise infolge der Sorgen um eine mögliche Blockade der Straße von Hormus kräftig an. Gold übersprang zeitweise die Marke von 3400 US-Dollar. Während der Nikkei in Tokio moderat nachgab, konnte die Wall Street trotz geopolitischer Spannungen mit leichten Gewinnen schließen – getragen von Einzelwerten, nicht von breitem Optimismus.

Ölpreis schießt in die Höhe – Versorgungsängste dominieren

Der Ölmarkt reagiert besonders heftig auf die Zuspitzung des Konflikts. Die Nordseesorte Brent verzeichnete einen Preissprung von bis zu 13 Prozent und notiert aktuell bei 74,02 Dollar je Barrel – ein Plus von 6,7 Prozent. Hintergrund sind massive Sorgen um Angebotsengpässe, da der iranische Ölexport vorübergehend ausfallen könnte.

Im Fokus steht die strategisch bedeutsame Straße von Hormus, durch die täglich etwa 20 Prozent des weltweit gehandelten Öls transportiert werden. Der Iran hatte in der Vergangenheit mehrfach gedroht, diese Meerenge zu blockieren. Eine solche Maßnahme würde die globalen Energiemärkte massiv belasten und könnte die Ölpreise weiter in die Höhe treiben.

Erdgas im Aufwind – Amsterdam meldet Höchststand

Auch der Erdgasmarkt spürt die Auswirkungen der Krise. An der Amsterdamer Börse kletterte der richtungsweisende TTF-Terminkontrakt auf 38,24 Euro je Megawattstunde – ein Anstieg von fast fünf Prozent und der höchste Wert seit Anfang April. Zwar fiel der Preis in den ersten Handelsminuten leicht zurück, notierte mit 37,67 Euro aber immer noch deutlich über dem Vortageswert.

Aktienmärkte im freien Fall – DAX auf Talfahrt

Die Börsen reagieren mit heftigen Kursverlusten auf die geopolitische Eskalation. Der deutsche Leitindex DAX rutschte im frühen Handel um 1,5 Prozent auf 23.411 Punkte ab und steuert auf den sechsten Verlusttag in Folge zu. Das Rekordhoch der Vorwoche bei 24.479 Punkten entpuppt sich zunehmend als Fehlausbruch.

Auch die asiatischen Märkte gerieten unter Druck. Der japanische Nikkei-Index verlor ein Prozent, während die chinesischen Indizes jeweils 0,7 Prozent einbüßten. Besonders heftig fällt die Reaktion bei den US-Futures aus: Der Dow-Jones-Future notiert 1,4 Prozent im Minus, der Nasdaq-100-Future sogar 1,8 Prozent tiefer.

„Investoren müssen sich mit der Perspektive zweier Kriege und eines parallel dazu tobenden Handelskriegs auseinandersetzen und bewerten die Risiken neu“, erklärt Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets die aktuelle Marktlage im Gespräch mit der „Tagesschau“.

Gold als sicherer Hafen gefragt

In Krisenzeiten suchen Anleger traditionell Schutz in Gold – so auch jetzt. Der Goldpreis steigt um 0,5 Prozent auf 3.413 Dollar je Feinunze und nähert sich damit seinem Rekordhoch von 3.500 Dollar, das es im April markiert hatte. Neben Gold profitieren auch klassische Fluchtwährungen wie der Schweizer Franken, der japanische Yen und der US-Dollar von der aktuellen Unsicherheit.

Hintergrund der Eskalation

Der israelische Militärschlag erfolgte als „Präventivschlag“ gegen iranische Einrichtungen. Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) wurde dabei eine der wichtigsten iranischen Atomanlagen getroffen. Israels Präsident betonte, die Angriffe würden fortgesetzt, bis „die Gefahr beseitigt ist“. Der Iran kündigte bereits Vergeltung an.

Beobachter hatten die Eskalation kommen sehen. Der Abzug von US-Botschaftspersonal aus dem Nachbarland Irak hatte bereits am Vortag Hinweise auf einen bevorstehenden Angriff gegeben. Zuletzt hatte der Iran nach israelischen Angaben mehr als 100 Drohnen in Richtung Israel geschickt.

Anhaltende Volatilität erwartet

Die weitere Entwicklung an den Finanzmärkten hängt entscheidend vom iranischen Gegenschlag ab. „Es lässt sich unmöglich sagen, wie sich die Situation in den kommenden Tagen entwickelt“, betont Michael Pfister, Devisen-Experte der Commerzbank gegenüber der „Tagesschau“. „Auf jeden Fall ist das eine große Eskalation, die uns deutlich näher an einen ausgewachsenen Krieg im Nahen Osten bringt.“

Analysten der Dekabank sehen zwei kritische Faktoren: die Intensität der iranischen Reaktion und die Frage, ob der Iran auch US-Ziele ins Visier nehmen wird. Sollte Letzteres eintreten, könnte dies eine weitere Eskalationsstufe bedeuten und die Märkte noch stärker belasten.

Die aktuelle Krise könnte sich zu einem längerfristigen Belastungsfaktor für die Weltwirtschaft entwickeln. Anhaltend hohe Energiepreise würden die Inflation anheizen und den Spielraum der Notenbanken für Zinssenkungen einschränken. Gleichzeitig droht eine Verschärfung der geopolitischen Spannungen, die das Vertrauen der Investoren weiter untergraben könnte. Die kommenden Tage werden zeigen, ob sich die Lage beruhigt oder ob wir am Beginn einer neuen globalen Krise stehen.

 

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