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des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist für
das Kontrollgremium des Staatskonzerns Gazprom
nominiert worden. Die Hauptversammlung
des Energieriesen soll ihn am 30. Juni wählen.
Schröder tritt dann an die Stelle von Timur
Kulibajew, ein Schwiegersohn des im Zuge der
Unruhen vom Januar entmachteten kasachischen
Ex-Präsidenten Nursultan Nasarbajew.
Der Konzern ist wie in Deutschland etwa VW,
die Telekom und die Post ein Unternehmen mit
enger wirtschaftlicher Verflechtung zum Staat.
Während in Deutschland der Bund allerdings
außer bei der Bahn, der Förderbank KfW und der
Bundesdruckerei keine Mehrheitsanteile mehr besitzt,
hat sich die Putin-Administration im Kreml
50 Prozent plus eine Aktie an Gazprom gesichert.
Auch die persönlichen Beziehungen sind eng:
Millers Vorgänger war Erdöl-Minister unter Putin,
der CEO selbst gilt als Freund des Staatschefs.
Putin hat ihn mehrfach mit Verdienstorden des
Vaterlandes bedacht und jüngst den Vertrag des
Managers um fünf Jahre verlängert. Das US-Magazin
Forbes hält ihn für einen der mächtigsten
– und reichsten - Menschen der Welt. Wenn Putin
der Gasprinz ist, ist Miller sein Generalfeldmarshall,
der mit einem Röhrennetz von mehr als
200 000 Kilometern Länge, durch das er sein Gas
in Russland verteilen und Richtung Westeuropa
leiten kann, über warm oder kalt, über günstigen
oder teuren Strom, über hell oder dunkel entscheiden
kann. Derzeit sieht es so aus, als haben sich
der Prinz und sein Marshall für kalt, teuer und
dunkel entschieden. „Europa läuft vor Kälte blau
an ohne russisches Gas“, titelte jüngst die Moskauer
Tageszeitung „Nesawissimaja Gaseta".
Den Aufsichtsrat, in den Schröder jetzt einziehen
soll, führte einst Dimitri Medwedew an, der sich
auch schon mal mit Putin im obersten Staatsamt
abgewechselt hat. Das Imperium des Konzerns
umfasst an die 100 Tochterfirmen, Medien, Banken
und Raumfahrt-Unternehmen eingeschlossen.
Auch die Betreiberfirmen der Nord-Stream
Pipeline gehören letztlich zu dem Konzern. In fast
allen EU-Ländern ist Gazprom an lokalen und
regionalen Energieversorgern beteiligt.
Der Konzern ist der größte Erdgas-Förderer der
Welt, hat fast 500.000 Mitarbeiter und verfügt
nach eigenen Angaben weltweit über die größten
Gasvorkommen. Der Laden läuft auch deswegen
rund, weil Gazprom ein Monopol auf das Leitungsnetz
hat. Nur Gazprom darf laut russischer
Gesetzgebung Pipelines für den Export betreiben.
Dadurch ist die Firma seit Jahrzehnten der größte
Lieferant in der EU. Dabei ist der Marktanteil von
russischem Gas in den EU-Mitgliedsstaaten sehr
unterschiedlich. Als Faustregel gilt: Je weiter östlich,
desto abhängiger sind die Staaten. Deutschland,
der größte Konsument in der EU, bezieht
rund 55 Prozent seines Gases vom russischen
Energieriesen, der hierzulande über seine Tochter
Wingas auch den größten unterirdischen Energiespeicher
in Rheden betreibt. Dort ist das Gas allerdings
gerade weitgehend versiegt. Bestellungen
sind jedenfalls aufgrund niedrigerer Kapazitäten
derzeit nicht möglich.
„Gazprom nutzt die Marktmacht, indem es mit
der Menge des Gases, die es an Europa liefert, die
Preise beeinflusst“, sagt der Energiemarktexperte
Georg Zachmann von der wirtschaftspolitischen
Denkfabrik „Bruegel“ in Brüssel in einem Gespräch
mit der Deutschen Welle. Gaszprom wiederum
verweist darauf, dass es alle Lieferverträge
einhält – was auch stimmt. Allerdings bemüht
sich der Konzern auch nicht trotz rekordhoher
Preise weitere Mengen über kurzfristigere Märkte
zu verkaufen, was wiederum weniger nach einer
marktwirtschaftlichen, als nach einer politischen
Strategie aussieht. „Gazprom erfüllt seine Verträge,
das ist richtig, aber immer nur am untersten
Rand der Zusagen", lautet die Einschätzung