Aktien & Märkte
von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von
der Leyen. Andere Gasanbieter hätten angesichts
der rasant anziehenden Nachfrage und Rekordpreise
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ihre Lieferungen deutlich erhöht. Der Konzern
schüre so selbst Zweifel an seiner Zuverlässigkeit,
sagte von der Leyen dem „Handelsblatt".
Energiemarkt-Experte Zachmann glaubt nicht,
dass solche Worte wirken. „Man kann mit demjenigen,
der alle Hebel in der Hand hält, so viel
verhandeln wie man möchte. Wenn der Gashahn
von Moskau aus zugemacht werden kann, sind
wir einfach in einer schlechteren Verhandlungsposition",
sagt er der Deutschen Welle.
Das Geschäft mit Europa erklärt nur ein Teil
des Erfolges von Gazprom. Das Unternehmen
hat sich zum Ziel gesetzt, der führenden Energiekonzern
der Welt zu werden und produziert
nicht nur Gas, sondern auch Erdöl und am
Ende Strom. Gerade hat Präsident Putin beim
Auftakt der Olympischen Winterspiele in Peking
ein Gasliefergeschäft mit der chinesischen
Führung unterzeichnet. Auch die USA gehören
zu den Kunden von Gazprom. Die Amerikaner
bezogen 2020 immerhin acht Prozent ihrer Öl-
Importe aus Russland.
Der Gigant, dem wegen seiner schieren Größe
etwas Unheimliches umweht, war vor einigen
Jahren Gegenstand eines Dokumentarfilms des
preisgekrönten Filmemachers Hubert Seipel:
„Gigant Gazprom - Die Deutschen und ihr
Gas aus dem Osten" hieß die Produktion. Der
Film zeigt einen Konzern, der alles andere als
unheimlich ist, sondern schlichtweg kapitalistisch,
aber nicht menschenfeindlich organisiert
und auf seinen Ruf bedacht ist. Der Zuschauer
wird mitgenommen an die riesige Schalttafel in
der Konzernzentrale, zu den Mitarbeitern beim
Essen in der angeblich überdurchschnittlich
guten Kantine oder ins Förderwerk im sibirischen
Novi Urengoi. Seipel zeichnet das Bild
eines hochmodernen Energieunternehmens.
Selbst Putin kommt in dem Film zu Wort: „Die
Macht hat der“, sagt der Präsident, „der was im
Kopf hat. Sie können alles Mögliche besitzen,
sie brauchen aber die Fähigkeit, damit umzugehen.“
Es folgen: Alexander Medwedew, Vizechef
des Unternehmens, Altkanzler Schröder,
Matthias Warnig, Chef des deutsch-russischen
Foto © picture alliance/dpa | Alexei Druzhinin
Pipeline-Konsortiums Nordstream AG, Alexander
Lebedew, der sich trotz eines Aktienpakets
von 150 Millionen Dollar als Kleinaktionär
bezeichnet, und ein Vertreter des deutschen
Chemieriesen BASF, der zu Drehzeiten noch
an Gazprom beteiligt war.
Sie alle erklären, warum die Kooperation zwischen
Russland und Europa für beide Seiten
wichtig, erfolgversprechend und gewinnbringend
ist. Deutlich wird in dem Film: Putin und seinen
Vertrauten geht es um die Stärkung Russlands -
und dazu gehört eben auch, den größten Arbeitgeber
des Landes erfolgreich zu führen. Aber Gazprom
ist nicht der russische Dämon, zu dem es
oft stilisiert wird, der mit seinen unerschöpflichen
Gasvorräten der Welt und vor allem dem Westen
den Weg diktiert. Weniger die Superwaffe Gas,
sondern wirtschaftliche Interessen und die bei
Putin tief verwurzelte Angst vor dem Chaos der
neunziger Jahre treiben die Verantwortlichen an,
glaubt der Filmemacher.
Ob er recht hat, ist unbewiesen. Die Tatsache,
dass der Film entstehen konnte, zeigt aber, dass
es auch bei Gazprom eine Zeit gab, in der man
bemüht war, das schlechte Image im Westen loszuwerden.
Aus dieser Zeit, 2007, stammt auch
das Engagement Gazproms beim Fußballverein
Schalke 04. Gazprom gehört mittlerweile fest
zum europäischen Spitzenfußball. An die kurzen
Werbespots vor jedem Champions-League-Spiel
Ziemlich beste Freunde:
Altkanzler Gerhard Schröder und
Kreml-Chef Wladimir Putin pflegen
persönlichen Kontakt.
haben sich die Fans gewöhnt. Auf den ersten
Blick betreibt das Unternehmen natürlich Werbung
in eigener Sache, was in Zeiten kontroverser
Debatten rund um Nord Stream 2, Gazproms
Pipeline-Projekt in der Ostsee, nur allzu verständlich
erscheint. Aber das Engagement bringt auch
ein Netzwerk an Kontakten. Es ist so etwas wie
Diplomatie im Schnellverfahren. Denn wenn
Gazprom mit dem britischen Energieminister
sprechen möchte, dann müsste es normalerweise
die diplomatischen Protokolle befolgen und Wochen,
Monate oder sogar Jahre warten, bis es zum
Gespräch käme. Aber wenn man die Champions
League sponsert, schickt man ihm einfach ein
paar Eintrittskarten für eine Partie und sagt: ‚Hey,
komm doch zum Spiel.‘ Und natürlich wird er Ja
sagen“, erklärt der Sportökonom Simon Chadwick,
im Deutschlandfunk.
Trotz aller Kontakte und Bemühungen, nicht
als Feind des Westens dazustehen: Wenn ein
Ex-Kanzler wie Gerhard Schröder auch noch
in den Aufsichtsrat dieses Unternehmens
wechselt, lässt die Kritik nicht auf sich warten.
Norbert Röttgen, Außenpolitik-Experte der
CDU nutzte die Chance: „Es ist nur peinlich“,
stellte er fest. Allerdings ist Schröder nicht allein.
Der frühere französische Premierminister
François Fillon sitzt inzwischen im Aufsichtsrat
des russischen Ölförderers Zarubezhneft,
wo das Sprichwort vom rollenden Rubel ebenfalls
passt. Oliver Stock
Indizes
Index % seit Jahresbeg. 52W-Hoch 52W-Performance
Dow Jones 34934,27 -3,86% 36952,65 +10,92%
S&P 500 4475,01 -6,11% 4818,62 +14,55%
NASDAQ 14124,10 -9,72% 16212,23 +1,80%
DAX 15370,30 -3,24% 16290,19 +9,84%
MDAX 33532,54 -4,53% 36428,86 +3,54%
TecDAX 3322,44 -15,25% 4010,04 -5,57%
SDAX 15012,64 -8,54% 17450,14 -3,15%
EUROSTX 50 4137,22 -3,75% 4415,23 +11,41%
Nikkei 225 27460,40 -4,62% 30795,78 -8,52%
Hang Seng 24718,90 +5,65% 31071,61 -19,34%