AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
harmlose Viren gespritzt werden, deren
Genom dann den Bauplan für ein Coronavirus
Protein enthält. Mit den ersten
Tests am Menschen kann wohl ebenfalls
in diesem Herbst begonnen werden. Das
Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) fördert das Projekt. Von
dort kommt auch die Einschätzung, dass
es am Ende möglicherweise mehr als einen
Impfstoff geben wird. Dazu forscht
das bayerische Unternehmen Leukocare
gemeinsam mit ReiThera aus Italien und
Univercell aus Belgien an einem Vakzin,
das seit Ende August in Italien am Menschen
getestet wird. Die übrigen deutschen
Impfstoff-Projekte stecken noch in
früheren Entwicklungsstadien.
Alles in allem liegen Hopp und Sahin
mit Curevac und Biontech im Vergleich
weit vor der innerdeutschen Konkurrenz.
Das hat seine Ursache auch in deren finanziellen
Möglichkeiten. Curevac weiß
mit Hopp einen milliardenschweren Investor
hinter sich, Biontech arbeitet bei
der Impfstoffentwicklung mit den finanzstarken
Großkonzernen Pfizer aus den
USA, und Fosun aus China zusammen.
Über Fosun hat man sich dazu exklusive
Vermarktungsrechte im Reich der Mitte gesichert. Überdies unterstützt
neben der EU-Kommission, die Bundesregierung beide
Projekte mit Millionenbeträgen. Schätzungen zufolge werden in
einem ersten Schritt rund sechs Milliarden Impfstoffdosen nötig
sein, um das Coronavirus global einzudämmen. Sollte zweimal
gespritzt werden müssen, wären es zwölf Milliarden. Bei einer
solchen Nachfrage dürften die deutschen Wettbewerber ihr Stück
vom Kuchen abbekommen. Fragt sich nur, wie groß es am Ende
sein wird. Die internationale Konkurrenz legt steile Zielmarken
vor. Janssen, ein belgisches Pharmaunternehmen, das zum USKonzern
Johnson & Johnson gehört, plant mit der Produktion
von einer Milliarde Dosen.
Biontech und Curevac werden sich also sputen müssen und sie
werden die Hilfe von Elon Musks deutscher Maschinenbau-
Firma dazu brauchen können.
Woher die ersten, die besten oder die meisten Impfstoffdosen herkommen,
sollte aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation, die
sich bereits um die Verteilung Gedanken macht, keine entscheidende
Rolle spielen. Tatsächlich geht es aber bei diesem Wettrennen
um viel Prestige und noch mehr Geld. Am Ende geht es auch
um nationale Egoismen: Dass Land, das einen international anerkannten
Durchbruch erzielt, dürfte auch Vorteile haben, wenn
es darum geht, die eigene Bevölkerung mit dem Serum zu versorgen
– eine Sicht die Biontech-Investor Thomas Strüngmann
vehement bekämpft: „Der Impfstoff sollte selbstverständlich für
die ganze Welt zur Verfügung stehen. Ohne Ausnahme.“
13 BÖRSE am Sonntag · 40/20
Oliver Götz
Foto © picture alliance : VisualEyze | Andreas Pohlmann
Biontech zur Seite stehen die Strüngmann-Brüder, die nach dem Verkauf von Hexal in das Unternehmen investiert haben.