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Im Kern gesund ?
VW erlebt einige Schleuderpartien in diesem ereignisreichen Jahr – wobei schon die Vorjahre
für den Wolfsburger Konzern höflich gesagt nicht langweilig waren. Manche Themen
trägt man schon so lange mit sich herum, dass sie kaum mehr erwähnenswert scheinen –
wäre da nicht der Eindruck, dass so vieles noch offen ist etwa in Sachen Dieselaffäre.
Genau die Misere mit dem Selbstzünder schiebt sich auch wieder
in den Vordergrund, indem die Marke Volkswagen nun über die
Halbjahresergebnisse berichtet: Immerhin 2,1 Milliarden Euro
blieben als Gewinn hängen vom Rekordumsatz, eine auskömmliche
Marge und Rendite von nahe bei fünf Prozent. Aber – und
das Aber wird immer wieder zu hören sein – 1,6 Milliarden verschwinden
gleich einmal bei den zur Seite gelegten Unsummen,
die für die Folgen jener Manipulationen an der Software der Abgaseinrichtung
bei VW-Dieselmodellen berappt werden müssen. Damit
steigt dieser Betrag auf mehr als 27 Milliarden, nach heutigen
Zahlen müsste VW dafür über fünf Jahre arbeiten, ohne etwas zu
verdienen.
VW-Chef Herbert Diess hat die Losung ausgegeben, mehr Offenheit
zu wagen. Damit soll der Imageverlust gedreht werden und
auch der letzte noch begreifen, dass man es mit einem geläuterten
Unternehmen zu tun hat. Mit dem eher holprigen Slogan für Leute,
die Grammatik für eine Plattenfirma halten und denglisch als
erste Fremdsprache mögen, „Multicultural statt Mittellandkanal“,
will man den Aufbruch in die weite Welt beschreiben und bleibt
BÖRSE am Sonntag · 31/18
Schliekers Woche
04
doch gerade so erst dem trüben Gewässer
am Hauptsitz schwer verbunden. Aber das
sind Petitessen. Was die „Dieselthematik“
(VW-Sprech) nicht sterben lässt, ist das
schofelige Verhalten des Konzerns mit seiner
hoffentlich ehemaligen Abteilung Lug
& Trug gegenüber seinen deutschen und
europäischen Kunden. Während man in
den USA immer wieder gezeigt bekommt,
wo der Hammer hängt und Konzernmanager
gern auch mal für Jahre in bundesstaatlichen
Correctional Facilities verschwinden,
vulgo Staatsgefängnissen, gibt es in Europa
nur schwache Palaver. Hier hängen sie keinen,
sie hätten ihn denn zuvor. Und das
kann dauern.
Entschädigungen, Rücknahmen von
Fahrzeugen, Unterstützung für die
treuen Kunden, die ihren Diesel behalten
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