BÖRSE am Sonntag: Herr Friedrich,
was würden Sie tun, wenn Sie EZBPräsident
wären?
Herr Friedrich: Zurücktreten. Nein, Spaß beiseite.
Ich glaube nicht, dass es innerhalb des jetzigen
Systems noch eine Lösung gibt. Wir haben
den Point of No-return längst überschritten. Das
bestätigen mir auch viele Insider. Ich habe einige
Bekannte, die bei der Bundesbank oder der EZB
arbeiten. Wenn man da mal bei einem Glas Bier
oder Wein zusammensitzt, wird Tacheles geredet.
Sie sagen selbst, dass dieses Spiel gerade nicht
mehr zu gewinnen sei und man schlicht versuche
die Mathematik zu überlisten. Aber das geht nicht.
Zwei plus zwei ist vier und nicht fünf.
Wie lautet Ihre Lösung?
Ich würde den Euro abwickeln. Der Euro wird
nie funktionieren, weil die Volkswirtschaften im
Euroraum einfach zu unterschiedlich sind, sich zu
ambivalent verhalten. Wir haben eine Fiskalunion,
eine politische Union und eine Währungsunion,
die seit Jahren auf der Intensivstation liegt und
ständig wiederbelebt werden muss.
Sie liebäugeln schon lange mit dem
Bitcoin als alternatives Zahlungsmittel…
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FRIEDRICH
6. OKTOBER 2022
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Das Fiat-Geldsystem ist bislang immer gescheitert.
Diese Systeme enden immer in der Sackgasse.
Auch in Deutschland haben wir in den
letzten hundert Jahren mehrmals neue Währungen
erlebt. Geld stirbt immer. In der Eurozone
ist das zentralistische System das große
Problem. Man glaubt, dass die EZB in Frankfurt
weiß, welche Geldmenge und welchen Zins
Griechenland oder Frankreich braucht. Unterschiedliche
Volkswirtschaften funktionieren
innerhalb eines Zinssystems nicht. Der Bitcoin
dagegen ist dezentral statt zentralistisch. Er
trennt Staat von Geld. Bitcoin ist das demokratischste
Geldsystem, dass die Welt je gesehen
hat, das nicht von einer Institution oder vom
Staat erfunden worden ist, und das deflationär,
statt inflationär und zensurfrei ist. Deshalb
wird es sich durchsetzen.
Was macht Sie da so sicher?
Wir sehen schon jetzt, dass aus einem kleinen
IT-Experiment in gerade mal 14 Jahren eine
riesige Bewegung geworden ist – mit Preisausschlägen,
die man so bis dato noch nicht gesehen
hat. Wenn man einmal die Kaufkraftentwicklung
des Bitcoin im Vergleich zum Dollar
oder Euro betrachtet, dann ist das Ergebnis,
dass beide Währungen in etwa 99 Prozent an
Kaufkraft gegenüber der Digitalwährung verloren
haben. Das spricht Bände.
Halten Sie es also für möglich, dass wir
bald Brot und Käse mit Bitcoin zahlen?
Ja, natürlich. Das gibt es ja schon jetzt. El Salvador
hat Bitcoin als Währungsmittel eingeführt.
Weltweit gibt es Akzeptanzstellen, wo Sie Bitcoin
in andere Währungen umwandeln können.
Trauen Sie es sich zu, einen konkreten
Zeitraum zu nennen?
Das ist viel Glaskugel. Ich kann sagen: der Euro
wird scheitern. Wann weiß ich nicht. Aber ja, ich
erwarte diese Entwicklung in dieser Dekade. Und
die Politiker und Notenbanker tun gerade alles
dafür, dass wir dieses Ziel auch erreichen.
Heißt, Anleger sollten jetzt Bitcoin
kaufen?
Ich würde unter 20.000 Euro Bitcoin kaufen.
Alles unter 20.000 Euro ist ein Kaufkurs. Es
ist natürlich auch hier wichtig in Tranchen
einzusteigen. Ich gehe davon aus, dass der
Kurs von seinem derzeitigen Niveau aus auch
noch weiter sinken kann. Aber grundsätzlich
sehen wir gerade Einstiegskurse.
Das Gespräch führte Oliver Götz
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