Lebensart
44
Ein Mercedes-Benz 300 SLR
Uhlenhaut Coupé aus dem Jahr
1955 wird für den Rekordpreis von
135 Millionen Euro an einen privaten
Sammler versteigert – und zwar von
Mercedes-Benz selbst.
Was machen die mit dem Geld?
Garage steht. Nach Informationen, die
öffentlich zugänglich sind, gehörten zum
handverlesenen Kreis zugelassener Bieter
Industrielle aus dem europäischen Ausland.
Ein Bieter war vor Ort, die anderen
wurden digital zugeschaltet. Wer der Käufer
ist, möchte das Unternehmen nicht mitteilen.
Es handelt sich aber laut Autobauer
um eine Privatperson.
„Die 300 SLR Uhlenhaut Coupés sind
Meilensteine der Sportwagen-Entwicklung
und wichtige historische Eckpfeiler
unserer Marke. Die Entscheidung, einen
der beiden einzigartigen Sportwagen zu
verkaufen, wurde wohl überlegt getroffen
zugunsten eines guten Zwecks“, sagt Mercedes
Chef Ola Källenius. Mit dem Erlös
aus der Versteigerung soll ein Klimaschutz-
Fonds eingerichtet werden, der Bildungs-
und Forschungsstipendien für junge Menschen
weltweit finanzieren soll. Källenius
will eine neue Generation ermutigen in
die „innovativen Fußstapfen von Rudolf
Uhlenhaut zu treten und großartige, neue
Technologien zu entwickeln.“ Die 135 Millionen
Euro dienen den Angaben zufolge
als Startkapital, der Konzern werde in den
nächsten Jahren mehr Geld besteuern.
Der symbolträchtige Verkauf war intern
durchaus umstritten, berichtete die
Unter Autofans gilt er als eines der herausragendsten
Beispiele für Automobilkonstruktion
und -design: der 300 SLR
Uhlenhaut Coupé, benannt nach seinem
Schöpfer, dem legendären Chefingenieur
Rudolf Uhlenhaut, der 1989 gestorben ist.
Diese Ikone der Automobilgeschichte ist
eine absolute Rarität und einer von nur
zwei Prototypen, die 1955 gebaut wurden.
Seit jüngstem ist der Oldtimer von Mercedes
Benz das wertvollste Auto der Welt.
Der silberne Sportwagen wurde unter
Ausschluss der Öffentlichkeit vom Auktionshaus
Sotheby’s für eine Rekordsumme
von 135 Millionen Euro versteigert. Zuvor
hielt ein Ferrari 250 GTO den Rekord,
der 2018 für 48 Millionen Dollar den Besitzer
wechselte. Weit abgeschlagen, wie
die Italiener zähneknirschend eingestehen
müssten.
Die Versteigerung fand bereits Anfang Mai
im Museum von Mercedes-Benz in Stuttgart
statt. Mercedes hatte für die Auktion
das Gebäude extra geschlossen. Man
wollte unter sich bleiben, was insbesondere
dem erlauchten Bieterkreis wichtig gewesen
sein dürfte. Manch ein Scheich hängt
sein Hobby offenbar ungern an die große
Glocke und es lockt ja auch Neider, oder
schlimmer noch: Diebe an, wenn bekannt
ist, wo das wertvolle Stück künftig in der
Frankfurter Allgemeine Zeitung. Das Vorstandsmitglied
Renata Jungo Brüngger
räumte ein, dass es im Unternehmen verschiedene
Meinungen über den Verkauf der
Rarität gegeben habe. Der private Käufer
habe aber zugestimmt, das 300 SLR Uhlenhaut
Coupé auch nach dem Verkauf
für die Öffentlichkeit zu besonderen Anlässen
zugänglich zu machen. Das zweite
originale 300 SLR Coupé soll weiter im
Firmenbesitz und im Mercedes-Benz Museum
in Stuttgart ausgestellt werden.
Uhlenhaut war Leiter der Personenwagen
Entwicklung von Mercedes-Benz,
wozu auch die Rennsportabteilung gehörte,
und damit auch Vater des 300 SL
und der W 196 R Silberpfeile. Er gilt als
jemand mit besonderem Faible und Gespür
für Geschwindigkeit, wovon zahlreiche
Anekdoten überliefert sind. So soll
sich Formel-1-Weltmeister Juan Manuel
Fangio einmal während eines Lunches
bei Uhlenhaut darüber beschwert haben,
dass sein Wagen noch nicht optimal abgestimmt
sei. Uhlenhaut stand vom Tisch
auf, setzte sich selbst in Anzug und Krawatte
ans Steuer und absolvierte den Kurs
des Nürburgrings drei Sekunden schneller
als Fangio. Er müsse halt noch ein bisschen
üben, sagte Uhlenhaut anschließend
grinsend zu ihm. Florian Spichalsky
SCHNELLER
ALS DER
WELTMEISTER
Foto © Mercedes