AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
Der
Bilderbuch-Rücktritt
Völlig überraschend verlässt Vorstandschef Bill McDermott den deutschen Softwareriesen
SAP. Der hätte den Wechsel an der Konzernspitze nach außen hin jedoch kaum
besser moderieren können. Auch dank starker Quartalszahlen nimmt die Aktie ihr
Rekordhoch ins Visier.
Dass Bill McDermott ausgerechnet an dem Tag seinen vorzeitigen
36 // Anlagetrends · 2020 | 1
Rücktritt als SAP-Vorstandschef erklärte, an dem der
Konzern nur so vor Kraft strotzende Quartalsergebnisse präsentierte,
war sicher kein Zufall. McDermott, seit 2002 im
Unternehmen und seit 2010 Vorsitzender des Vorstands – erst
mit Partner, ab 2014 allein –, hat bei den Walldorfern ein Ära
geprägt. Er hat Europas führenden Tech-Konzern über Jahre
hinweg fit gemacht für den internationalen Konkurrenzkampf,
der in der Branche ob der Giganten aus den USA und China
heftig geführt wird. Er hat, auch wenn das, des Sektors wegen,
fast ironisch klingen mag, SAP ins moderne Zeitalter
geführt. Vor allem den Umbau des Softwarevertriebs hin zu
Cloud-Angeboten im Netz hat er vorangetrieben. McDermott
hat investiert, als andere, auch manch Aktionär, Skepsis walten
ließen, drückten die damit verbundenen Kosten auch auf die
Marge. Doch der inzwischen 58-jährige US-Amerikaner hat
recht behalten mit seiner Strategie. Software per Abo-Angebot
oder Nutzungsgebühr via Cloud zu nutzen, ist inzwischen gang
und gäbe. Und zu einem höchst einträglichen Geschäft geworden.
„Von dieser Weichenstellung wird das Wachstum von SAP
noch viele Jahre profitieren“, sagte Aufsichtsratschef und SAPMitgründer
Hasso Plattner.
Und diese Weichenstellung dankten ihm Anleger und Aktionäre
schlussendlich dann doch. Auf Zehnjahressicht, also knapp
dem Zeitraum, in dem McDermott an der Konzernspitze stand,
ist der Kurs der SAP-Aktie um mehr als 200 Prozent gestiegen.
Folglich sind die Walldorfer an der Börse zu Deutschlands
wertvollstem Unternehmen geworden.
Inzwischen mit großen Abstand. Kein
anderer DAX-Konzern kommt auf eine
Marktkapitalisierung von über 100 Milliarden
Euro. Bei SAP sind es sogar noch
40 Milliarden Euro mehr.
Bill McDermotts knapp zehn Jahre als
CEO waren alles in allem eine Erfolgsgeschichte.
Dass er nun so abrupt seinen
Abgang verkündet, ist ein Paukenschlag.
Sein Vertrag lief noch bis zum Jahr 2021,
erst kürzlich hatte er größere Umstrukturierungsmaßnahmen
angekündigt,
um die Kosten noch besser in den Griff
zu bekommen. Nun soll er lediglich bis
Ende dieses Jahres in beratender Funktion
im Unternehmen bleiben, dann schillert
die schillerndste CEO-Persönlichkeit des
DAX irgendwo anders.
Ein Verlust, ja. Aber keiner, der
schmerzt
Ein herber Verlust, möchte man meinen.
McDermott hat SAP eben nicht nur strategisch
hervorragend geführt, er hat dem
Konzern auch ein Gesicht gegeben. Irgendwie
fiel es leicht, diesem Mann mit