Alles Pluspunkte für Gold. Wie sieht es mit den Risiken
aus? An den Aktienmärkten zeichnet sich eine
rasche Erholung ab. Könnte das den Goldpreis nicht
kurz- bis mittelfristig unter Druck setzen?
Natürlich. Der Goldpreis ist schon stark angestiegen. Auf
Euro-Basis steht er seit Jahresbeginn mit zwölf Prozent im
Plus. Letztes Jahr betrug das Plus 22,7 Prozent. Da kann es
natürlich schon sein, dass die Rally zwischenzeitlich eine Verschnaufpause
einlegt. Das ist ja auch völlig normal und gesund.
Dennoch bleibt der Bullenmarkt intakt. Ein Grund dafür ist,
dass Gold in jeder Währung steigt und in jeder Währung mit
Ausnahme des US-Dollars neue Allzeithochs erreicht hat. Der
zweite Grund ist, dass Gold mittlerweile die Aktien outperformt
und auch die Anleihen. Entsprechend glaube ich, dass
dieser Bullenmarkt noch einen weiten Weg vor sich hat. Dazu
gehen der Welt die sicheren Häfen aus. Das wird in den nächsten
43 BÖRSE am Sonntag · 24/20
Jahren zu einem großen Thema werden.
Apropos sichere Häfen. Wie sicher ist Gold eigentlich
wirklich? Gold kann nicht insolvent gehen. Gold kann
man auch nicht drucken. Man kann aber beispielsweise
seinen Besitz verbieten. Und rückblickend ist
das schon oft passiert.
Hundertprozentige Sicherheit gibt es nie im Leben. Und auch
Gold ist keine eierlegende Wollmilchsau. Gold ist ein stabiler
und verlässlicher Teil eines Portfolios,
aber nicht die Antwort auf alle Fragen.
Aktien, Cash-Reserven, Immobilien und
alle weiteren Anlageklassen haben im
Portfoliokontext ihre Berechtigung. Was
Goldverbote anbelangt: Historisch gab
es die, wenn Gold auch einen monetären
Charakter hatte. Insofern halte ich
das für nicht so wahrscheinlich. Auf der
anderen Seite will ich nicht ausschließen,
dass irgendwann einmal auf steuerlicher
Seite etwas passiert – Stichwort finanzielle
Repression.
Wie würde Ihre Goldpreisprognose
eigentlich aussehen,
wäre das Coronavirus nie
ausgebrochen?
Das Virus war natürlich ein Trendbeschleuniger.
Wir haben aber schon im
letzten Jahr darauf hingewiesen, dass
sich die Anzeichen einer Rezession verdichten.
Das hat man beispielsweise an
der Zinsstrukturkurve gesehen, die invertiert
war – eigentlich der verlässlichste
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