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Argentinien –
Zartes Produkt,
zähe Probleme
Veganer und Vegetarier müssen den Anfang dieser Kolumne ausnahmsweise mal überspringen.
Denn es geht um Fleisch, genau genommen um argentinisches Rindfleisch.
Für das südamerikanische Land ist das Agrarprodukt ein wichtiger Exportschlager, der rund
um den Globus gefragt ist. Das Fleisch gilt als ausgesprochen zart mit charakteristischem
Aroma, gleichzeitig ist es vergleichsweise erschwinglich gegenüber Spitzensorten etwa aus
den USA oder Japan. Den Bankern des Internationalen Währungsfonds (IWF) mag bei dem
Gedanken an ein Steak aus Argentinien mittlerweile jedoch der Appetit vergangen sein.
Sie dürften sich fragen, warum ein Land,
das in der Lage ist, ein so gutes Produkt
herzustellen, bei seinen Staatsfinanzen in
solcher Regelmäßigkeit versagt. Erst vor
wenigen Wochen musste der IWF Argentinien
mit einem Rekordkredit von 50 Milliarden
Dollar von heute auf morgen unter
die Arme greifen. Die Nacht-und-Nebel-
Aktion hat Investoren umso mehr verschreckt,
als dass eben jener IWF das Land
kurz zuvor noch als Musterschüler Lateinamerikas
gelobt hatte, in dem Staatspräsident
Mauricio Macri mutige Reformen auf
den Weg gebracht hat. Doch Argentinien
steckt in einer Schuldenfalle. Das Defizit
im Staatshaushalt und in der Leistungsbilanz
liegt bei jeweils rund fünf Prozent
des Bruttoinlandsproduktes. Ausländische
Investoren, allen voran aus den USA, haben
bislang dafür gesorgt, dass Argentinien
diese Lücke finanzieren konnte. Seit Jahresanfang
jedoch hat sich die Landeswährung
BÖRSE am Sonntag · III | 2018
Kolumne
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Peso um mehr als 50 Prozent zum Dollar abgewertet. Dagegen
nimmt sich der Verfall der türkischen Lira fast schon moderat aus.
Ohne Hilfe von außen kann Argentinien seine Schuldenlast, die
in US-Dollar zu bezahlen ist, nicht mehr stemmen.
Das ist für sich genommen keine Schande. Es ist Aufgabe des
IWF, in einer solchen Situation zu helfen. Problematisch ist die
seit Jahrzenten prekäre wirtschaftliche Lage Argentiniens und dass
speziell der IWF gezwungen ist – um beim Bild vom Anfang zu
bleiben – auf dem Thema herumzukauen. Bereits zur Jahrtausendwende
hing das Land am Tropf des Währungsfonds, nachdem die
Wirtschaft tief in einer Rezession gerutscht war. Weil Reformen
und die Sanierung der Staatsfinanzen nicht so vorankamen wie
gefordert, setzte der IWF 2001 eine Hilfstranche kurzerhand aus.
Daraufhin fand eine Kapitalflucht statt, in deren Folge das Finanzsystem
kollabierte und Argentinien den Schuldendienst auf
seine Anleihen aussetzen musste. Der eine oder andere Sparer
hierzulande wird sich vielleicht noch schmerzlich daran erinnern.
Denn damals wurden Gaucho-Anleihen von deutschen Banken
gerne der privaten Kundschaft angeboten – die wegen des hohen
Kupons auch prompt zugriff, ohne wirklich über die Risiken informiert
zu sein.
Torsten Reidel
Geschäftsführer
von Grüner Fisher
Investments