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Gibt es auch Gewinner im Land der Zölle?

Profiteure der zweiten Trump-Ära? Wer gewinnt inmitten des wirtschaftlichen Chaos? (Foto: shutterstock)

Trumps Zölle und die goldene Illusion: Wie Amerikas Wirtschaft ins Wanken gerät.

aus: The Economist

Der Rosengarten ist ein idyllischer Ort. Am 2. April jedoch wurde er zum Schauplatz eines Massakers. Kurz nach vier Uhr nachmittags trat Präsident Donald Trump aus dem Weißen Haus und schwang den Hammer gegen das globale Handelssystem. Er kündigte umfassende reziproke Zölle gegen alle wichtigsten Handelspartner Amerikas an. Unternehmen weltweit versuchen nun fieberhaft zu reagieren. Amerikanische Firmen leiden unter einer Art wirtschaftlichem PTSD (Posttraumatische Belastungsstörung, Anm. d. Red).

Als Mr. Trump in seiner Antrittsrede am 20. Januar versprach, dass „das goldene Zeitalter Amerikas jetzt beginnt“, glaubte die Geschäftswelt an seine glanzvollen Worte. Unternehmenschefs rechneten mit niedrigeren Steuern, weniger Bürokratie und konsumfreudigen Amerikanern. Zwischen dem Wahltag im November und der Amtseinführung stieg der Russell-3000-Index, der den Großteil der börsennotierten US-Unternehmen abbildet, um 5 %. Der dadurch entstandene neue Börsenwert von 2,4 Billionen Dollar entsprach dem gesamten indischen Aktienmarkt – plus zwei mexikanischen Börsen. America First. 

Kein anderes Land kam auch nur annähernd heran.

Einen Monat nach Beginn von Trumps zweiter Amtszeit stand Amerika noch mehr an erster Stelle. Bis zum 19. Februar hatte der Russell 3000 weitere 1,4 Billionen Dollar an Marktkapitalisierung gewonnen und ein Rekordniveau von 63 Billionen erreicht. Scott Bessent, ein beruhigend konservativer Hedgefonds-Milliardär, leitete das Finanzministerium. Ein weiterer Finanzier, Howard Lutnick, war als Handelsminister im Amt. Elon Musks Ingenieursgenie sollte die festgefahrene Bürokratie so effizient machen wie seine Tesla-Fertigungsstraßen. Blieb da überhaupt noch Raum für weiteres Glänzen?

Wie sich zeigt: Nein.

In den letzten sechs Wochen hat der Glanz der Trump-Wirtschaft stark nachgelassen. Musks Effizienzoffensive zerstört wahllos die Bundesverwaltung. Allein im Februar verloren laut der monatlichen Auswertung der Personalberatungsfirma Challenger über 62.000 Staatsangestellte ihren Job. Private Arbeitgeber, darunter bekannte Namen wie Meta und John Deere, kündigten 110.000 Stellenstreichungen an – im Vorjahr waren es noch 82.000 gewesen. Die Verbraucherstimmung bricht ein. Und statt Steuersenkungen bekommt Amerika nun eine massive Erhöhung – in Form von Zöllen.

Die Wall Street steht auf Rezessions-Watch. Schon vor den Zöllen erhöhte Goldman Sachs die Wahrscheinlichkeit einer Rezession von 20 % auf 35 %. 

Am 3. April sagte die Deutsche Bank, dass diese Zölle „leicht“ bis zu 1,5 Prozentpunkte vom BIP-Wachstum der USA in diesem Jahr abschneiden könnten. UBS rechnet sogar mit zwei Prozentpunkten. Die Unternehmen sind deprimiert. Als die Märkte am 2. April schlossen, waren zwei Drittel der Mitglieder des Russell 3000 weniger wert als vor Trumps Wiederwahl. Wenn sie am 3. April wieder öffnen – nach Erscheinen dieses Artikels – könnte das Verhältnis noch steigen. Ein goldenes Zeitalter? Vielleicht für Leerverkäufer oder für Goldverkäufer.

Die Letzten werden die Ersten sein

Und was ist mit allen anderen? Auf Gewinner unter den Unternehmen zu setzen, ist töricht – vor allem in einem Umfeld, das so chaotisch ist wie es die zweite Trump-Administration wohl immer sein würde. Schumpeter hätte es wissen müssen. Nach der Wahl sagte er selbstbewusst voraus, dass amerikanische Firmen ausländische übertreffen würden – und dass innerhalb von „America Inc.“ kleine Unternehmen besser abschneiden würden als große Konzerne.

Doch Investoren verlieren das Vertrauen in Amerika – insbesondere in seine kleinen Firmen. Der Russell 2000 Index kleiner Unternehmen verlor zwischen Januar und dem 2. April 8 % seines Wertes – mehr als doppelt so viel wie der S&P 500, der die größten Unternehmen abbildet. Nach Verkündung der Zölle fiel er in den Späthandelssitzungen sogar noch stärker. 

Die schwächelnden Aktien kleiner Firmen, deren Schicksal eng mit der Binnenwirtschaft verknüpft ist, preisen laut Steven DeSanctis von der Bank Jefferies einen „ziemlich heftigen“ Abschwung ein. Im Gegensatz dazu steigen die Aktienkurse in Europa (wo politische Entscheidungsträger Wachstum fördern statt ersticken wollen) und in China (wo spektakuläre Fortschritte bei künstlicher Intelligenz durch Firmen wie DeepSeek und Manus für Aufsehen sorgen). Ups.

Auf die Gefahr hin, wieder wie ein Narr dazustehen, gibt Ihr Kolumnist zwei überarbeitete Vorhersagen ab – und bekräftigt eine dritte. 

Erstens: Firmen, deren Aussichten zunächst eher mittelmäßig erschienen, könnten bald profitieren. Eine einfache Analyse der Russell-3000-Aktien zeigt: Je weniger eine Firma vom „Trump-Boom“ zwischen Wahl und Amtseinführung profitierte, desto robuster war sie gegen den „Trump-Abschwung“.

Beispiel: Von den 100 Unternehmen mit dem größten Wertverlust zwischen dem 5. November und dem 19. Februar waren 72 Pharma- und Biotechfirmen. Unter den 100 größten Gewinnern befanden sich nur acht dieser Branche. Seit dem 19. Februar gab es unter Biotech-Firmen genauso viele große Gewinner wie Verlierer. Einige, wie 2seventy Bio, das eine Therapie gegen Blutkrebs entwickelt, schafften den Sprung von den 100 schlechtesten zu den besten.

Während sich alle auf Trumps Zölle konzentrieren, waren die Gesundheitsbehörden weniger störend als von der Pharmaindustrie befürchtet. Große Arzneimittelhersteller sind bestrebt, ihre Produktpipelines wieder aufzufüllen, und zeigen sich in Kauflaune – trotz der Unsicherheiten im Welthandel. Zwei von fünf US-Fusionen und -Übernahmen in diesem Jahr betrafen laut DeSanctis Gesundheitsunternehmen. Am 11. März verkündete der Pharmariese Bristol-Myers Squibb die Übernahme von 2seventy Bio für 286 Millionen Dollar.

Die zweite Prognose ist sicherer: Zölle werden keine neue industrielle Blütezeit auslösen. Doch weil erst Trump, dann Joe Biden und nun wieder Trump auf eine Rückverlagerung der Produktion drängen, werden Unternehmenschefs mehr Geschäft nach Hause holen, als sie es sonst getan hätten. Gute Nachrichten für Unternehmen, die inländische Lieferketten aufbauen (wie Rockwell Automation, Hersteller von Industrierobotern) oder verwalten (wie Prologis, der größte Lagerhausbetreiber der USA).

Und dann sind da noch die Trump-nahen Unternehmen. Ihr Kolumnist bezweifelt weiterhin, dass sie groß – oder überhaupt – gewinnen werden. Autofahrer meiden Teslas. Manche lehnen Musks Verhalten ab, andere bevorzugen mittlerweile bessere Alternativen. Der Marktwert des Autobauers ist auf drei Fünftel seines Höchststandes im Dezember gefallen. Der des defizitären sozialen Netzwerks von Präsident Trump, der Trump Media and Technology Group, hat sich seit Ausrufung des neuen „goldenen Zeitalters“ halbiert. Wenn er das amerikanische Volk verarmn lässt, ist es nur gerecht, dass auch er etwas davon zu spüren bekommt.


© 2025 The Economist Newspaper Limited. All rights reserved.

Aus The Economist, übersetzt von der Börse am Sonntag Redaktion, veröffentlicht unter Lizenz. Der Originalartikel in englischer Sprache ist zu finden unter www.economist.com

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