AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
voraussichtlich im gesamten Jahr 2019 auf die Waage bringen werden“,
so Evercore-ISI-Analyst Arndt Ellinghorst. Probleme bereitet
weiter Premiumtochter Audi, deren Umsätze von 31,2 auf 28,8
Milliarden Euro zurückgingen. Auch der operative Gewinn sank
deutlich: von 2,8 auf 2,3 Milliarden Euro.
Doch was schmerzt das schon, angesichts der Weltuntergangsszenarien,
die gezeichnet wurden, als VWs Dieseltrickserei aufgefallen
war. Nun hat man mit Audi schlicht dieselben Probleme im Premiumsektor,
die auch Daimler und BMW beschäftigen. Nur darüber
hinaus noch viele weitere Marken im Portfolio, die diese Schwäche
leicht ausmerzen können. Ein entscheidender Vorteil. Investitionen
in E-Mobilität, Digitalisierung und autonomes Fahren nämlich,
lassen sich so deutlich leichter stemmen. Trotz der rund 30 Milliarden
Euro, die VW der Dieselskandal bislang gekostet hat, will
man bis 2023 40 Milliarden Euro in Elektrifizierung und Digitalisierung
investieren und bis 2025 50 reine E-Fahrzeuge entwickelt
haben. Darunter das vorerst wichtigste, das Auto aus Halle 3.
Hoffnungsträger ID.3
Der ID.3 ist VWs bislang wohl konkreteste Antwort auf die drängenden
Mobilitätsfragen. Er hat das Format eines Golfs, bietet
Stauraum wie ein Passat und beschleunigt wie ein GTI. Das Design:
futuristisch. Ab Herbst wird der ID.3 im Werk in Zwickau
produziert, ab Frühjahr 2020 ausgeliefert. 30.000 Fahrzeuge der
„First Edition“ sind bereits reserviert. Kunden, die jetzt bestellen,
kommen erst mal auf die Warteliste. Diess möchte „die Elektromobilität
aus der Nische in die Mitte der Gesellschaft“ bringen.
Somit kann, ja muss der ID.3 auch als Angriff auf Teslas Model 3
verstanden werden. Vor drei Jahren hatte Elon Musk das Elektroauto
unter großem Jubel angekündigt, in nur einer Woche zeichneten
325.000 begeisterte Fans die Vorbestellung. Der jüngste
IAA-Auftritt der Wolfsburger kommt da wesentlich zurückhaltender
und leiser daher, dafür aber umso geschmeidiger, als der
BÖRSE 22 am Sonntag · III | 2019
des Konkurrenten aus Kalifornien.
Während die günstigste Version des Model 3 derzeit für 44.500
Euro bestellbar ist, soll der ID.3 ab Ende 2020 für weniger als
30.000 Euro zu haben sein, die erste Baureihe mit mittelgroßem
Akku soll knapp 40.000 Euro kosten. Ob die günstigste Variante
des E-Volkswagens tatsächlich ein Wagen für das Volk werden
kann, hängt in erster Linie vom Kaufpreis ab, denn die Konzepte
sind nicht neu: Drei-Liter-Lupo, Ein-Liter-Auto, eUp und wie sie
alle hießen. Tatsächlich aber lässt der ID.3 größeres Erfolgspotenzial
vermuten als seine alternativen Vorgänger – nicht zuletzt, weil
die künftige ID.-Familie auf der Grundlage eines neuen modularen
E-Antrieb-Baukastens (MEB) entwickelt wird. Die Architektur des
MEB verändere die Elektroautos und damit das Automobil grundlegend,
sagt Diess, ebenfalls in Halle 3 stehend. Denn der Elektrifizierungsbaukasten
werfe jeglichen Ballast des fossilen Zeitalters ab,
da er konsequent für Elektroautos konzipiert worden sei.
Konsequent, das ist vielleicht das Stichwort. „Bis 2025 wollen wir
Weltmarktführer in der E-Mobilität werden“, gab Markenvorstand
Ralf Brandstätter jüngst die Richtung vor. Damit das gelingt, ist
der ID.3 zum Erfolg verdammt. So verwundert auch wenig, dass
Diess von „mehr als einem neuen Modell“ spricht. Vielmehr von
einem „entscheidenden Moment“ und einem „Auto, das von uns
jetzt erwartet wird“. Volkswagen, so Diess weiter, müsse dafür
Sorge tragen, dass sich die Elektromobilität durchsetzen könne –
und der Konzern sei bereit dazu. Der gesamten Branche stehe jetzt
ein „Systemwechsel“ bevor. Halten die Niedersachsen das Tempo
hoch, könnten sie ihn als erster unter den etablierten Herstellern
meistern.
Ist die Aktie nun ein Kauf?
Dementsprechend volatil präsentierte sich in diesem Jahr die
Aktie des Konzerns. Auf der einen Seite honorieren Anleger die
Zukunftspläne von VW. Auf der anderen Seite scheinen sie bei
jeder schlechten Nachricht mit Blick auf den Handelskonflikt,
den Dieselskandal oder die Abkühlung der Weltwirtschaft ängstlich
zusammenzuzucken. Kostete die Aktie zu Jahresbeginn rund
139 Euro, stieg ihr Kurs im April zwischenzeitlich auf über 163
Euro an, ehe er im Juni wieder auf das Ausgangsniveau von Januar
zurückfiel. Im Juli kostete das Papier dann wieder 157 Euro, im
August erneut 139 Euro. Derzeit ist die Aktie für 152 Euro zu
haben. Damit steht aufs Jahr gesehen ein Kursgewinn von knapp
10 Prozent zu Buche. Das erwartete KGV für das Jahr 2019 liegt
bei 5,6. Das Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV) bei 3,2. Die Dividendenrendite
ist mit 3,8 Prozent ordentlich. So schlecht stehen
die Zeichen nicht, dass nach VWs Rebranding auch Anleger ihr
Verhältnis zur Aktie des Konzerns positiv überarbeiten. OG,FS
Grafik © www.volkswagen.de
Minimalistisch: Mit dem neuen Logo gibt sich
der Konzern ein modernes Markenbild und
übt sich in Zurückhaltung.
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