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keinem „Bankenansturm“ kommen würde.
Durch die Deckung sei gewährleistet, dass
Rückzahlungswünsche in Papiergeldwährungen
jederzeit erfüllt werden können.
Weil jeder auf die Werthaltigkeit der
Währung vertrauen könne, seien die Voraussetzungen
für einen destabilisierenden
„Bankenansturm“ nicht gegeben. Diese
optimistische Sichtweise ist nicht zwingend
gerechtfertigt. Auch bei vollständiger
Deckung durch Wertpapiere kann es
zu Kursverlusten kommen. Die Kurse der
in der Libra-Reserve enthaltenen Wertpapiere
können unter Druck geraten, wenn
die Marktzinsen steigen. Auch wenn die
Wechselkurse der Währungen unter Druck
geraten, in denen die Libra-Reserve angelegt
ist, drohen Kursverluste. Um diesen
Kursverlusten zu entgehen, könnten sich
die Besitzer der Libra-Coins eilig von ihren
Libra-Beständen trennen und in Papiergeldwährung
zurücktauschen wollen. Sofern
solche Rückzahlungswünsche erfüllt
werden sollen, wäre die Libra Association
gezwungen, einen Teil ihrer Reserven zu
verkaufen und würde durch den Verkaufsdruck
gegebenenfalls die Zinsen an den
Anleihemärkten nach oben treiben.
Ausblick
Das Projekt bringt eine Reihe von Fragen
hinsichtlich Finanzstabilität und makroökonomischer
Effekte mit sich, die bisher
nicht mit zufriedenstellender Sicherheit
beantwortet werden können. Regierungen,
Notenbanken und Regulierungsbehörden
haben das Libra-Projekt deshalb
ins Visier genommen. Dass zunächst als
Gründungsmitglieder eingeplante Unternehmen
sich inzwischen aus dem Projekt
zurückgezogen haben, mag ein Indiz dafür
sein, dass die regulatorischen Hürden
für Libra hoch sein werden. Genauigkeit
dürfte hier vor Schnelligkeit gehen – und
das ist angesichts der potentiellen Tragweite
auch gut so.
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