AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
enormes Potential entfalten. Aktuell gibt es bereits zahlreiche Bestrebungen,
Wertpapieremissionen in digitaler Form zukünftig
zu erlauben - aktuell ist dies aufgrund einer physischen Urkundenpflicht
nicht möglich. Hier könnte der programmierbare Euro
eingesetzt werden, um die zusammenhängenden und im aktuellen
System sehr komplexen Zahlungsströme digital abzubilden, zu vereinfachen
und zu automatisieren. So kann sowohl die Emission
des Wertpapiers, der börsliche und außerbörsliche Sekundärhandel
sowie Auszahlungen an Kunden, wie Zinsen und Dividenden,
automatisiert werden.
Die Rolle der Zentralbanken
Theoretisch könnten sowohl öffentliche als auch private Institutionen
einen digitalen Euro emittieren und den Anwendern zur
Verfügung stellen.
Als prominenteste Möglichkeit könnte die EZB als öffentliche Organisation
eine digitale Zentralbankwährung emittieren. Diese könnte
dann entweder direkt an die Kunden oder indirekt über Banken
verteilt werden. Außerdem könnten regulierte private Organisationen,
wie Banken und E-Geld-Institute, ein solches Zahlungsmittel
emittieren. Zudem gibt es aktuell zahlreiche unregulierte Akteure,
die bereits sogenannte “Stablecoins” emittiert haben, die mit Euros
besichert sind. Zu dieser Kategorie zählt auch Libra.
Hinsichtlich der Emission ist jedoch zu beachten, dass das digitale
Geld je nach Emittent einen unterschiedlichen Risikograd
aufweist: Wird der Euro von einer unregulierten Partei emittiert,
sind Ausfall-, Kontrahenten- und rechtliche Risiken hoch, da diese
Parteien außerhalb des rechtlichen Rahmens operieren. Bei einer
Emission durch Banken oder E-Geld-Institute sind diese Risiken
deutlich geringer, allerdings sind auch hier - in Zeiten von Bankenkrisen
- Ausfälle möglich. Die Ausgestaltung mit dem geringsten
Risiko wäre demnach die Ausgabe eines digitalen Euros über
die Zentralbank. In diesem Fall hätte der Kunde eine Forderung
gegenüber der Zentralbank, die als relativ sicher anzusehen ist: Im
Falle von Zahlungsschwierigkeiten einer Zentralbank, könnte die
Notenbank notfalls unbegrenzt Liquidität bereitstellen.
Somit scheint aus Verbraucher- und Kundenperspektive eine digitale
Zentralbankwährung die Lösung mit dem geringsten Risiko.
Allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis die EZB tatsächlich
ernsthaft über die Emission einer solchen Zentralbankwährung
nachdenkt. In der Zwischenzeit dürften immer mehr private
Lösungen auf den Markt kommen. Zuletzt haben zahlreiche EGeld
Anbieter einen digitalen Euro auf Blockchain-Basis ausgegeben,
der nun der Industrie zur Verfügung steht. Somit ist der
Blockchain-Euro bereits Realität - wenn auch nicht in Form von
Zentralbankgeld.
28 BÖRSE am Sonntag · 19/20