AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
Anlagestrategie 2019:
Große Chancen unter
großen Risiken
Viele Anleger sind verunsichert. Italien, Brexit, Handelsstreit, Autos, Türkei: Warum sollte
man noch investieren? Wir nehmen die berechtigten Bedenken ernst, denn viele der
Risiken sind für die Aktienmärkte, Teile der Devisenmärkte sowie höher verzinste Rentenmärkte
problematisch. Doch es handelt sich um Risiken und aus unserer Sicht nicht um
den wahrscheinlichsten Ausgang für das Kapitalmarktjahr 2019.
Es wird darum gehen, ob Lösungen gefunden
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werden können und natürlich darum,
ob es der Weltwirtschaft 2019 insgesamt
gut gehen wird. Unsere Vorabantwort lautet:
Ja. Wie immer besteht in der Politik
Potenzial für Kompromisse (eigentlich ist
das ohnehin eine Definition von Politik).
Und ja, die Konjunktur könnte sich 2019
durchaus prächtig entwickeln. Die Risiken
werden aber den Alltag auf den Märkten
dominieren und für starke Schwankungen
sorgen. Die Anlagedevise lautet daher:
Chancen in schwankenden Märkten nutzen,
für reinen Kapitalerhalt ist es noch zu
früh!
Zwar befindet sich die USA im längsten
Aufschwung der Geschichte. Doch
die „Great Recession“ war nicht nur der
stärkste wirtschaftliche Schock für das
Land seit den 1920er Jahren. Wirtschaftskrisenanalysen
zeigen auch, dass Bankenkrisen
und folgende Rezessionen länger
brauchen, um wieder den Normalzustand
zu erreichen. Jetzt zu sagen, die nächste
Rezession stehe kurz bevor, weil die biblischen sieben Jahre schon
längst vorüber sind, ist aus unserer Sicht anmaßend.
Wir wissen es definitiv nicht, vermuten aber zwei Dinge. Erstens:
Der Markt weiß es auch nicht und wird mehrfach testen, wie
stark die US- und die Weltwirtschaft tatsächlich sind. Höhere
Marktschwankungen als 2017 und 2018 sind daher zu erwarten.
Zweitens: Der US-Zyklus wird 2019 zwar bedroht aber noch
überleben. Wir reden viel über die USA, aber mit Grund. USUnternehmen
machen die Hälfte der Weltaktienmärkte aus und
sorgen durch ihre Ertragskraft für Stabilität auf den Aktienmärkten
im Rest der Welt. Sie blicken auf Gewinnsteigerungen von
etwa 25 Prozent für 2018. Genug, um neben Aktienrückkäufen
und Dividendensteigerungen auch zu investieren. Mehr Investitionen
könnten den US-Zyklus verlängern und positiv auf die
Weltwirtschaft ausstrahlen.
In diesem Umfeld könnten es einige Zentralbanken wagen, die
Geldpolitik zu normalisieren. Das klingt gut, dürfte aber für die
Kapitalmärkte phasenweise überraschend kommen. Wir erwarten
für 2019 vier Leitzinsschritte der Fed, am Markt wird jedoch nur
eine Erhöhung eingepreist. Geht jetzt der Dollar durch die Decke?
Eher nicht. Denn zu einem Wechselkurs gehören immer zwei:
Auch in der Eurozone geben sich die Zentralbanker optimistisch.
Wenn wir richtig liegen, hebt Mario Draghi im September 2019
Ulrich Stephan
Chefanlagestratege für
Privat- und Firmenkunden
der Deutschen Bank