SO REAGIERT
DIE BÖRSE AUF KRIEG
Schon vor dem Frieden geht es aufwärts.
Immer wieder haben Kriege Wirtschaft und
Börse erschüttert. Immer wieder haben sich
Wirtschaft und Börse davon erholt. Das zeigt
ein exemplarischer Blick auf den Dow Jones
Industrial Average. Der rutschte mit Beginn
des Zweiten Weltkriegs wenig überraschend in
einen Abwärtstrend. Als die Nazis 1940 Frankreich
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überfielen, verlor der Index innerhalb von
zwei Wochen über 17 Prozent. Das war seither
bis heute der stärkste Kursverlust des Dow
Jones infolge von kriegerischen Auseinandersetzungen.
Zwischen 1939 und 1941 gab der
US
Index insgesamt um 26 Prozent nach.
Noch weit vor Kriegsende begann sich das
Barometer aber wieder zu erholen, als sich abzeichnete,
dass Nazi-Deutschland diesen Krieg
verlieren würde. Nach sechs Jahren Krieg stand
der Dow Jones am Ende sogar höher als zuvor.
Das galt natürlich nicht für deutsche Aktien,
die zu diesem Zeitpunkt rund 90 Prozent ihres
Werts verloren hatten.
Ähnlich stark wie bei Hitlers Einmarsch in
Frankreich, krachte der Dow Jones auch nach
den Anschlägen des 11. September 2001 nach
unten. Innerhalb von fünf Tagen verlor das
Barometer damals 16 Prozent. Der Abverkauf
währte allerdings deutlich kürzer. Schon acht
Wochen später stand der Index höher als vor
den Al Quaida–Anschlägen.
Ebenfalls starke Einbrüche gab es im Korea-
Krieg 1950 (-12 Prozent in 20 Tagen), nach
der Bombardierung von Kambodscha während
des Vietnamkriegs ( -15 Prozent in 30 Tagen),
und der irakischen Invasion in Kuwait 1990
(-13 Prozent in 20 Tagen).
Die geringe Anzahl der Tage zeigt, dass es sich
hierbei um sehr kurze Einbrüche gehandelt
hat, die in der Folge schnell wieder ausgemerzt
wurden. Langfristig hat sich nicht nur die
US
Börse, sondern auch der Weltmarkt immer
wieder von Kriegen erholt.
Wie schnell und deutlich die Erholung vonstatten
ging, hatte in der Vergangenheit viel
mit der Verfassung der Märkte im Vorfeld
zu tun. Der vorangehende Trend hat so gut
wie immer auch den Kursverlauf infolge eines
Kriegs bestimmt. So fielen der Korea-Krieg
von 1950-1953 genauso wie der in Kuwait
1999 in bullische Aktienmarktphasen, weshalb
es nach der ersten Unsicherheit im Nachhinein
wieder schnell bergauf ging. Mit Ende
des Korea-Kriegs stand der Dow Jones beispielsweise
1953 mit knapp vier Prozent im
Minus. In den drei Jahren danach macht er
jedoch insgesamt einen Satz um 78 Prozent
nach oben. Auch auf den Golfkrieg folgte eine
neunjährige Hausse. Der Dow Jones konnte
sich in seinem Wert vervierfachen.
Anders verhielt es sich bei den beiden Weltkriegen.
Vor Beginn des Ersten Weltkriegs hatten
die Bären bereits das Ruder am Markt übernommen.
Von 1912 bis 1914 hatte der Dow
Jones 38 Prozent verloren. 1918 stand der Kurs
dann sogar niedriger als im Jahr 1912. Auch vor
Beginn des Zweiten Weltkriegs gab es Anzeichen
einer Marktkorrektur. Mit dem Ausbruch
des Krieges vermengte sich das zu einer länger
anhaltenden Baisse.
Mit Blick auf den russischen Krieg gegen die
Ukraine bleiben damit aus historischer Sicht
zwei zentrale Erkenntnisse. Bislang hat auf die
ganz lange Sicht immer profitiert, wer in solchen
Phasen ruhig geblieben ist und geduldig
auf das Kriegsende gewartet hat. Gleichzeitig
gab es am Beispiel des Dow Jones immer dann
längere Abwärtstrends, wenn sich ein solcher
schon vor der kriegerischen Auseinandersetzung
angedeutet hatte. Das macht die aktuelle
Situation zu einer gefährlichen. Die hohe
Inflation, die angekündigten Zinserhöhungen
der Fed und die aufgrund der Coronapandemie
vorherrschenden Lieferengpässe hatten
schon vor dem russischen Einmarsch in das
Nachbarland die Märkte unter Druck gesetzt.
Besonders im Technologiebereich gab es teils
crashartige Verluste. Zumindest mittelfristig
könnte es also erst einmal weiter rau zu gehen
an den Börsen. Oliver Götz
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Aktien & Märkte
Kauf per Zuruf:
Händler an der Minneapolis
Grain Exchange
Minnesota
im September
1939.