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Der Druck auf Daimler
Kann ein Großkonzern wie Daimler, Produzent von Fahrzeugen (fast) aller Art, Dienstleister und Finanzanbieter,
eigentlich jemals damit rechnen, nicht unter Druck und Dampf zu stehen? Wohl eher nicht. Es gibt
lediglich Zeiten, in welchen es besonders dicke kommt und solche, die von ruhiger Zuversicht geprägt sein
dürfen. Letzteres hat man allerdings schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, kaum beobachten können.
Der Stuttgarter Vorzeigekonzern aus der ersten deutschen Aktienliga
hat zahlreiche Häutungen hinter sich – die spektakulärste war
sicherlich die „Hochzeit im Himmel“ zu Zeiten des Vorstandschefs
Schrempp, die Scheidung aus der Hölle gehört mit zur Geschichte,
und wie man heute sieht, wird auf dieser Erde mit Chrysler niemand
glücklich, schon gar nicht Fiat in Italien. Ganz aktuell aber hat sich
Daimler in den Augen der Investoren geschickt aufgebaut in einem
schwierigen Umfeld. Mal ganz abgesehen von der ewigen Konkurrenz
mit Audi und BMW im Personenwagen-Sektor lebt der Weltkonzern
tatsächlich weiterhin von seinem Ruf, auch wenn mitunter die Meinungen
darüber, wer nun die zuverlässigste und generös luxurierte
04 BÖRSE am Sonntag · 14/19
Limousine liefert, naturgemäß auseinandergehen.
Seit Jahresbeginn haben die Anleger die Daimler-Aktie von rund 46
auf rund 56 Euro getrieben, ein Plus von etwa zwanzig Prozent. Wobei
man nicht verschweigen darf, dass im schwierigen 2018 erhebliche
Schwankungen zu sehen waren - es gab Kurse um die siebzig
Euro, aber auch eben jene wie 46 - was man früher sicher für absolut
unanständig gehalten hätte. Aber mit Blick auf solche Werte
wie RWE oder auch Bayer ist längst alles anständig geworden, auch
brutalstmögliche Einbrüche bei Aktien, die man einst der Witwe mit
ihren Waisen anempfohlen hätte. Daimler nun federt alles ein wenig
ab durch eine nicht gering zu schätzende Dividende. Mit 3,25 Euro
liegt diese zwar unter der des Vorjahres, liefert aber immer noch eine
Dividendenrendite von rund sechs Prozent. Man muss nicht, darf aber
auf die Nullrenditen zahlloser anderer Anlageformen verweisen – aktuell
müssen die Käufer von Anleihen des Bundes Geld mitbringen
für die Ehre der Inhaberschaft.
Finanzexperten haben jüngst ausgerechnet, dass Daimler – aufgrund
der Schwankungen der letzten Monate variiert die Zahl natürlich –
seit dreißig Jahren gar nicht mal so sehr im Kurs zugelegt hat, aufgrund
der regelmäßigen Dividendenzahlungen jedoch dem Anleger
eine jährliche Bruttorendite von mehr als acht Prozent beschert. Zieht
man Steuern und den Einkauf von Schokolade zur Nervenberuhigung
ab, bleibt ein Ertrag im guten Mittelfeld. Und – es könnte ja
immerhin sein, dass Daimler gerade mal wieder auf einen Erfolgspfad
eingebogen ist. Die neuerliche Expansion nach Russland mag
mit der Eröffnung des Werkes dort vor wenigen Tagen ein kleineres
Symbol mit vielleicht großer Symbolwirkung sein – man warte es ab.
Aber die jüngst zwar in Teilen etwas zurückgenommene, dennoch
ernstgemeinte Plattform-Kooperation mit BMW deutet in die richtige
Richtung: Die Herausforderung sind die Märkte der Welt, nicht die
Vorherrschaft entweder Stuttgarts oder Münchens. Nun als jüngster
Streich die Grundsteinlegung für das werkseigene Batteriewerk in Untertürkheim.
Am ehrwürdigen Stammsitz wird für eine Technologie
gearbeitet, die in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts
einmal Gegenstand heftiger Versuche war und aufgegeben wurde.
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