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// Anlagetrends · 2018 | 2
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AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
Vor allem aber setzt Weimer auf einen
Expansionskurs: „Mir fallen Wachstumschancen
zwischen 20 und 50 Millionen
Euro aus vielen Bereichen geradezu entgegen“,
kündigt der 58-Jährige an. Kurzum:
Weimer legt einen dynamischen Neustart
aufs Frankfurter Parkett.
Dazu gehört auch eine deutliche Sprache.
Die Deutsche Börse habe Fehler gemacht
und müsse daraus Konsequenzen ziehen,
mahnt er in aller Offenheit. „Das ist nicht
schön, aber meine Aufgabe ist es, primär
nach vorne zu blicken.“ Er wolle die Deutsche
Börse mit „einer gewissen, mir eigenen
Geradlinigkeit“ führen.
Weimer setzt auf klare Verantwortlichkeiten
und schnelle Entscheidungswege.
Küchenkabinette wie in der Ära Kengeter
wird es nicht mehr geben. In der Firmenzentrale
in Eschborn bei Frankfurt wird
Weimers Aufbruch deshalb positiv aufgenommen.
„Er bringt neuen Schwung und
Glaubwürdigkeit“, sagen die Mitarbeiter.
Viele fanden es von Anfang an fragwürdig,
dass die Deutsche Börse, die, gemessen an
der Belegschaft mit rund 5.000 Mitarbeitern,
der kleinste Dax-Konzern ist, einen
aufgeblähten erweiterten Vorstand hat.
Weimer dürfte im Jahr 2018 weiter aufräumen,
denn Kengeter hat in seiner Zeit
als Vorstandschef allzu viele hoch bezahlte
Manager von außen verpf lichtet. Das
Handelsblatt kritiserte: „Die Zahl der Managing Directors, die inklusive
Bonuszahlungen im Jahr häufig einen hohen sechsstelligen
Betrag verdienen, ist in der Ära Kengeter von 24 auf 31 gestiegen.“
Nach den Turbulenzen um die Bezahlung des ehemaligen Deutsche
Börse-Chefs Carsten Kengeter verzichtet Weimer zudem
auf ein umstrittenes Vergütungssystem. „Ich will kein Extra-Programm
haben“, sagt der neue Chef. Das habe er von Anfang an gegenüber
dem Aufsichtsrat klargemacht. „Die Diskussion um meine
Vergütung hat keine zehn Minuten gedauert.“
Doch Weimer wird nach dem Skandaljahr 2017 für den Konzern
auch nach außen die Reputation zurück erlangen müssen. Im
vergangen Jahr war zunächst die Fusion mit der Londoner Börse
geplatzt. Ein umstrittenes Vergütungsprogramm für das Management
sorgte für Kritik. Und dann belastete ein peinliches Ermittlungsverfahren
gegen Ex-Chef Kengeter und das Unternehmen
wegen des Verdachts auf Insiderhandel den Konzern monatelang.
Kengeter kaufte im Rahmen des Programms im Dezember 2015
Deutsche-Börse-Aktien – rund zwei Monate vor Bekanntwerden
der LSE-Gespräche. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass der
Manager damals schon über den LSE-Deal verhandelte.
„Der Laden ist traumarisiert. Darum tut ein selbstbewusster Mann
wie Weimer jetzt gerade gut“, heißt aus dem Führungskreis des
Konzerns. Etwas Glück gehört auch dazu: Der Handelsplatz Xetra
startete so stark ins Jahr wie seit einer Dekade nicht mehr. Dass es
zu Jahresbeginn deutliche Ausschläge an den Märkten gab, hat der
Deutschen Börse und anderen Marktbetreibern bereits Rückenwind
verliehen. Denn bei hoher Volatilität sind viele Investoren
aktiver und treiben somit das Handelsvolumen nach oben.
Der Erfolg zeigt aber zugleich eine Schwachstelle im Konzern:
Die Deutsche Börse ist eben unmittelbar abhängig von